Hast Du nicht Lust, gleich den Falke zu singen?
Daniel Schmutzhard, Tenor
Text: Agnes Eggers
In: Magazin, Januar/Februar 2012, Oper Frankfurt, S. 30-31 [Publikumszeitschrift]
Bereits sein Debüt an der Oper Frankfurt im April 2011 war aufregend. Daniel Schmutzhard erinnert sich genau. Es war die Woche, in der er und die Sopranistin Annette Dasch, mit der er inzwischen verheiratet ist, nach Frankfurt umziehen wollten: »Wir hatten ausgemacht, dass wir am Dienstag nach Berlin fliegen, unsere Sachen packen, hierher fahren und uns am Donnerstag die Fledermaus-Vorstellung anschauen. Ich wusste ja, ich soll ab Januar Eisenstein in dieser Produktion singen. Am Montag rufe ich im KBB an, und frage, ob sie vielleicht zwei Karten für uns hätten…« Die Antwort fiel etwas anders aus, als erwartet: »Kannst du haben! Aber hast du nicht überhaupt Lust, gleich den Falke zu singen?« Natürlich wird nicht jeder, der sich mit Kartenwünschen im Künstlerischen Betriebsbüro meldet, aus lauter Dankbarkeit spontan engagiert. Eben hatte das KBB erfahren, dass der erkrankte Michael Nagy nicht auftreten könne. Ein Einspringer musste her; da kam der Anruf des zukünftigen Ensemblemitglieds gerade recht, zu dessen Repertoire Dr. Falke schon an der Wiener Volksoper zählte. Kurz entschlossen sagte der junge Bariton zu, auch wenn er ahnte, dass dieses vorgezogene Hausdebüt es in sich hatte: »Ich hab die Partie zwar schon oft gesungen, aber die Szenen sind ja in der Fassung von Christof Loy umgestellt und die Dialoge verändert. Zwischendurch dachte ich: Warum tust du dir das an? Was, wenn du dich hier so präsentierst, dass die Leute später sagen: ›Das war doch der, der die Vorstellung verhunzt hat!‹? Aber Gott sei Dank ist es gut gegangen.«
Mittlerweile ist Daniel Schmutzhard auch in eine weitere Frankfurter Inszenierung von Christof Loy eingestiegen: Im weißen Bühnenbild der Così fan tutte, das alle Augen auf die Sängerdarsteller konzentriert, erlebte er im September sein Rollendebüt als Guglielmo. Zumal ihm bewusst war, dass die drei Frauen an seiner Seite sechs Wochen lang mit dem Regisseur an jeder Geste, jedem Blickwechsel gefeilt hatten, ging Daniel Schmutzhard höchst konzentriert an die neue Aufgabe heran: »Man muss wirklich genau kapieren, worum es geht. Du kannst dich in dieser Inszenierung ja nirgends verstecken!« Dass ihm bei aller Konzentration nicht die Spielfreude abhanden kam, bewies der volle Körpereinsatz, mit dem er den liebenswerten Draufgänger mimte.
Sowieso erweckt er nicht den Eindruck eines Künstlers, der krampfhaft um Erfolg ringt. Aufgewachsen in einer musikalischen Familie, hat sich bei dem gebürtigen Österreicher eins aus dem anderen entwickelt: »Mein Großvater ist Chorleiter und Organist seit 50, 60 Jahren. Ich habe im Chor immer neben den Eltern gestanden und mitgesungen. Eines Tages brachte jemand ein Anmeldeformular für einen Knabenchor in Innsbruck mit. Da dachten sich meine Eltern: Warum nicht? Vielleicht gefällt’s ihm ja! Nach dem Stimmbruch konnte ich dort als Tenor und später als Bass weiter singen. Irgendwann überlegte ich mir: Eigentlich könnte ich auch mal Unterricht in Stimmbildung nehmen. Und so bin ich dann aufs Konservatorium gekommen.«
Dass seither feststand, er würde nie wieder Tenor-Partien singen, hat Daniel Schmutzhard bestens verkraftet: »Manchmal steht man zwar schon neidisch daneben, wenn der Tenor seine Schmachtarien rausfetzt, aber ich finde die Rollen für Bariton sehr spannend und vielschichtig. Das fängt beim Papageno an.« Nach einer hoch gelobten CD-Einspielung der Zauberflöte unter der Leitung von René Jacobs wird er diese Partie demnächst auch in Frankfurt singen. Darüber hinaus ist bereits sein Debüt als Graf Almaviva geplant. Eine weitere Wunschpartie wäre Don Giovanni. Zunächst freut er sich aber darauf, in die Rolle des Mercurio in Cavallis La Calisto zu schlüpfen. Außerhalb von Frankfurt stehen in nächster Zeit einige Konzerte sowie Liederabende in Italien (seine erste Winterreise) und bei der Schubertiade Schwarzenberg auf seinem Programm.
Für das viel beschäftigte Sängerpaar ist es nicht immer leicht, den Terminkalender aufeinander abzustimmen. Den ersten gemeinsamen Urlaub seit zwei Jahren (»…den haben wir beide aufs Blut verteidigt!«) verbrachten er und Annette Dasch vor Kurzem auf einem Kreuzfahrtschiff, der MS Europa – natürlich nicht ohne zwei kleine Konzerte mit Liedern und Arien zu geben. Im nächsten Sommer will Daniel Schmutzhard etwas kürzer treten. Aus gutem Grund: »Wir kriegen ja auch ein Baby.«
- Quelle:
- Magazin
- Oper Frankfurt
- Januar/Februar 2012
- S. 30-31
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