• Magazin Klassik
  • Radio Klassik Stephansdom
  • #22 | Herbst 2021
  • S. 37

Pleyel lebt!

Text: Christoph Wellner

In: Magazin Klassik, #22 | Herbst 2021, Radio Klassik Stephansdom, S. 37 [Hörermagazin]

Das ist nicht nur der Titel einer Veranstaltung der Internationalen Ignaz Joseph Pleyel Gesellschaft (IPG), sondern auch der Eindruck, den man erhält, wenn man in den Geburtsort dieses niederösterreichischen Musiktalents reist und dort Adolf „Adi“ Ehrentraud kennenlernt.

Es ist ein schöner Frühsommermorgen, 15. Juni 2021, und ich parke mein Auto vor dem Ignaz Pleyel Kulturzentrum in Ruppersthal. Ich betrete das Gebäude, werde mit Pleyel-Musik aus den Lautsprechern empfangen und stoße auf eine Gruppe von fünf Menschen, die gemeinsam beim Frühstück sitzt – durch die Glastüren der Terrasse blickt man idyllisch auf die Weinberge und die Kirche des Ortes. Gebannt lauschen zwei Ehepaare den wohlformulierten Worten von Adolf Ehrentraud. Er spricht – wie üblich – über den berühmtesten Sohn des Ortes: über Ignaz Joseph Pleyel. Er besitzt unglaubliches Wissen über den Musiker, Komponisten, Verleger und Klavierbauer. Seine Erzählungen sind so plastisch und so detailreich – immer an den richtigen Stellen baut Ehrentraud wörtliche Zitate von manchmal beachtlicher Länge ein. Alles auswendig! Nach dem gemeinsamen Frühstück löst sich die Runde auf. Ich gehe mit dem Gründer und Präsidenten der IPG aus dem Besucherzentrum in Richtung Weingärten. Hier ist der Pleyel-Hügel, hier ist das Pleyel-Geburtshaus, hier hat alles begonnen … Ja – am 18. Juni 1757 ist Ignaz Joseph Pleyel hier geboren worden. Aber hier hat auch das begonnen, was Adolf Ehrentraud seit mehreren Jahrzehnten als seine Lebensaufgabe sieht. Daran zu erinnern, dass es Pleyel gegeben hat. Zu erinnern, dass dieser große musikalische Visionär in diesem kleinen Dorf in Niederösterreich das Licht der Welt erblickt hat. Und eine beachtliche internationale Karriere gemacht hat.

Ende 1995 wurde die IPG gegründet. Ehrentraud hat von Anfang an seine Kontakte zu Politik, Wirtschaft und Medien genutzt und mit beharrlicher Konsequenz Werbung für Pleyel gemacht. Die Gesellschaft hat das Geburtshaus renoviert und dort das Pleyel-Museum eröffnet. Im Laufe der Jahre wurde Parzelle um Parzelle erworben, bis man schließlich das Kulturzentrum eröffnen konnte. Im heurigen Jahr wird im November die 500. (!) Veranstaltung der IPG stattfinden. Wer meint, dass sich ein Adi Ehrentraud damit zufriedengibt, irrt. „Ich muss an die Zeit denken, wenn ich nicht mehr bin. Das muss hier weitergehen. Wenn man Pleyel spielt, wird man ihn nicht vergessen. Daher ist mein nächstes großes Ziel einen Konzertsaal für 300 Personen hier zu bauen. Wir können open air – am Pleyel-Hügel – so viele Menschen unterbringen. Aber natürlich nur bei schönem Wetter und den entsprechenden Temperaturen.“ Die Pläne sind fertig gezeichnet – es fehlt (wie so oft) das Geld. Aber auch hier ist der gut vernetzte Präsident der IPG konsequent und geht keine Kompromisse ein. „Man hat mir von politischer Seite Unterstützung angeboten, die aber mit so viel Bedingungen verknüpft war, dass mir das unheimlich wurde. Ich werde dafür kämpfen, dass es den Konzertsaal geben wird, und bitte daher alle Kulturinteressierten um Hilfe, auch via Crowdfunding- Vertrag möglich. Kurzum: „Es muss diesen Konzertsaal geben, damit seine wunderbare Musik auch in hunderten Jahren noch erklingen kann!“

Mit viel neu erworbenem Wissen (Pleyel hat die Marseillaise ziemlich sicher nicht komponiert; seine Revolutionshymne mit Glocken, die zur Kanonenherstellung abmontiert waren, dauerte doch nicht acht Stunden, sondern 34 Minuten, etc.), einer Auswahl an Pleyel-CDs und einem repräsentativen Querschnitt der regionalen Weine (der Vizepräsident der IPG, Christoph Strell, ist Winzer!), fahre ich am Nachmittag wieder nach Wien. Es ist wahrhaft erstaunlich, was es wenige Kilometer von Wien zu entdecken gibt. Und das Angebot umfasst mit Kultur und Kulinarik ein weites Feld. Weinwanderungen inklusive. Und man hat das Gefühl, dass man das alles direkt von der Quelle mitbekommen hat. Pleyel lebt. Dank Adolf „Adi“ Ehrentraud.


Kulturtipp

www.pleyel.at