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  • Held:innen - 2/2023
  • S. 4-5

Held:innen retten Rom

Text: Josef Beheimb

In: Magazin, Held:innen - 2/2023, Styriarte, S. 4-5 [Publikumszeitschrift]

Am 24. Juni verwandelt sich Schloss Eggenberg in den römischen Stadtteil Trastevere. Dort spielt die größte Held:innen-Oper, die Johann Joseph Fux komponiert hat: „Costanza e Fortezza“.

Wenn Touristen heute im römischen Stadtteil Trastevere einen idyllischen Abend verbringen, werden sie kaum vermuten, auf einem Schlachtfeld zu sitzen. Tief unter ihnen verborgen ruhen die Reste einer dramatischen Belagerung aus dem Jahr 508 v. Chr. Damals zogen die Etrusker am rechten Tiberufer auf, um dem vertriebenen König Tarquinius seine verlorene Krone zurückzuerobern. Doch Porsenna, der Etruskerkönig, hatte nicht mit dem Widerstand der Jugend gerechnet. Die Heldin Clelia und ihre jungen Mitstreiter Mucius und Horatius erklärten den Etruskern ihren ganz persönlichen Krieg – als Partisanen, nicht als gewöhnliche Krieger: „Hoc tibi iuventus Romana indicimus bellum.“ „Wir als die römische Jugend erklären dir den Krieg! Es wird eine Sache zwischen dir und uns sein.“ So schleudert der verwegene Mucius dem toskanischen König entgegen. Tollkühn setzen die jungen Republikaner:innen für die Freiheit ihrer Heimat ihr Leben aufs Spiel.

Am 24. Juni kommen sie in den Schlosshof zu Eggenberg: Clelia, gesungen von der Mezzosopranistin Marianne Beate Kielland, der Countertenor Rafał Tomkiewicz als Mucius und der Tenor Valerio Contaldo als Orazio. Zusammen mit ihrer Freundin Valeria alias Monica Piccinini verteidigen sie Rom gegen alle Feinde. Der Römer Alfredo Bernardini steht am Pult seines Zefiro-Orchesters und lässt statt sanfter Zephirwinde den rauen Nordwind des Krieges durch Eggenberg wehen. Denn „Costanza e fortezza“, die größte Barockoper des Steirers Johann Joseph Fux, hat es in sich: „Beständigkeit und Stärke“ sind die Tugenden, die der kaiserliche Hofkapellmeister vor genau 300 Jahren, anno 1723, in eine wahrhaft heroische, vor Trompeten strotzende Musik gekleidet hat. Nichts mehr von säuselnden Nymphen und galanten Liebhabern wie in seiner „Dafne“ oder „Arianna“. In dieser Oper geben starke Frauen und Männer den Ton an. War das Original-Spektakel für einen Fünf-Stunden-Abend auf dem Prager Hradschin bestimmt, so wird die Aufführung in Eggenberg auf ein bekömmliches 70-Minuten-Format eingekürzt. Die zentralen Szenen des Heldenepos folgen ohne Zwischenepisoden und große Ballette aufeinander – in atemberaubendem Tempo.

Der Dolch, den Mucius für den feindlichen König bestimmt hat, trifftden Falschen. Daraufhin legt der junge Römer, wie es Livius beschrieben hat, „die rechte Hand in die Fackel, die zum Opfer bestimmt war, und röstet sie gleichsam gefühllos“. Diese Tat ist sprichwörtlich geworden. Auch wir legen zum Zeichen der Aufrichtigkeit „die Hand ins Feuer“. Den Etruskerkönig beeindruckt die Todesverachtung des jungen Attentäters so, dass er ihn nach Rom zurückschickt. Seitdem führt Mucius bei seinen Landsleuten den Beinamen „Scaevola“, „der Linkshändige“.

Wenn Rom-Touristen heute von Trastevere ins Centro storico zurückschlendern, laden gleich mehrere Steinbrücken zum Spaziergang ein: der Ponte Sisto, die Brücken an der Tiberinsel und die Brücke am Ponte rotto. 508 v. Chr. führt nur eine einzige Holzbrücke über den Fluss, der Pons Sublicius. Tollkühn verteidigt Horatius Cocles die Brücke gegen ein Heer von Feinden, bis die Römer sie auf seinen Befehl hinter ihm einreißen. Horatius springt in den Tiber und scheint verloren. In der Oper von Fux steht seine Geliebte Clelia am Ufer und singt eines der schönsten Lamenti des großen Steirers. Doch für Trauer ist in dieser Held:innen-Oper nur wenig Zeit. Horatius hat den Sprung in den Fluss überlebt und beflügelt seine Clelia zu einer noch größeren Tat: Vom Lager der Etrusker, wo sie als Geisel gefangen ist, schwimmt sie durch den Tiber „zwischen den Geschoßen der Feinde“. Porsenna ist noch einmal perplex, wie Livius berichtet: „Hierauf wandelte er sich zum Bewunderer und sagte, dass die Tat einer Frau über den Taten von Männern wie Cocles und Mucius stehe.“ Doch er fordert die entflohene Geisel zurück. Dass sie der Aufforderung Folge leistet, ist der letzte Stein im Mosaik des römischen Heldenmuts: Der Etrusker gibt nach und schließt Frieden. Gegen eine Stadt mit solchen Held:innen ist jedes Heer nutzlos.

Was aber tun die Römer? Sie errichten der tapferen Clelia am Anfang der Via Sacra eine Reiterstatue. Auf dem Wiener Heldenplatz sucht man das Reiterstandbild einer Frau vergeblich. Nur der Steirer Johann Joseph Fux hat der todesmutigen Clelia in Tönen ein Denkmal gesetzt. Es wird höchste Zeit, es in Graz wieder zum Klingen zu bringen.
 



SA, 24. Juni, 18 & 20.30 Uhr
Schlosshof zu Eggenberg

Costanza e fortezza

Fux: Highlights aus der Prager Krönungsoper „Costanza e fortezza“ (konzertante Aufführung)

Monica Piccinini
Marianne Beate
Kielland Rafał Tomkiewicz
Valerio Contaldo
Zefiro Barockorchester
Dirigent: Alfredo Bernardini