• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • Januar / Februar 2024
  • S. 20-21

Neu im Ensemble

Und dann kommt alles anders

Magnus Dietrich, Tenor

Text: Mareike Wink

In: Magazin, Januar / Februar 2024, Oper Frankfurt, S. 20-21 [Publikumszeitschrift]

»Gesang ist das, was mir wirklich Spaß macht! Eigentlich habe ich permanent gesungen, gesungen, gesungen«, lacht Magnus Dietrich. Dass der 28-jährige auch die Stimme dazu hat, entdeckte und förderte zu Schulzeiten sein Musiklehrer. Im Schulchor und A-cappella-Ensemble stand Magnus allerdings noch als Bass auf der Bühne, weil es so wenig tiefe Stimmen gab. In der Oberstufe wählte er dann für das sogenannte »Additum« (ein zusätzliches Abitur-Prüfungsfach in Bayern): Musik mit Klavier als Hauptfach.

Gesang zu studieren, kam aber erstmal nicht in Frage. »Ich habe eher über irgendwas mit Medien und Musik nachgedacht. Nur Gesang war mir zu abstrakt«, erinnert er sich. »Von einem aus unseren Dorfgefilden – kurz vorm Allgäu, gerade noch Oberbayern –, der schon am Ende seines Studiums war, kam dann der Tipp, Schulmusik zu studieren. Das hat mich tatsächlich gereizt, weil man dabei sehr breit aufgestellt wird – zwischen musikalischer Praxis, Pädagogik und Musikgeschichte.« Sein Erstinstrument blieb das Klavier. Als Zweitinstrument lernte Magnus »mal eben schnell« Posaune: »Das war die einfachste Lösung. Das Instrument lag bei uns zuhause rum, weil mein Vater viele Jahre hobbymäßig Posaune gespielt hat, auf recht hohem Niveau.«


Also doch ein Gesangsstudium

So ganz konnte er das Singen aber nicht lassen und trat dem Bayerischen Landesjugendchor bei. Diese Erfahrung beschreibt er als besonders prägend – nicht nur wegen der großartigen stimmlichen und szenischen Förderung der jungen Sänger*innen, sondern auch weil er dort gute Freunde und vor allem seine Freundin Magdalena kennengelernt hat. Nach vier Jahren führte für Magnus dann doch kein Weg mehr an der Aufnahmeprüfung für Gesang vorbei. Und es klappte auf Anhieb. Also studierte er zwischenzeitlich sogar parallel, bevor er zunächst das Schulmusikstudium und dann das Gesangsstudium abschloss.


Berlin statt Paris

Und dann kam eins zum anderen: Im Sommer 2020 wirkte Magnus als Paolino in Cimarosas Il matrimonio segreto an einer Opernproduktion der Kammeroper München mit, wo ihn ein Agent hörte und anspornte, für Opernstudios vorzusingen. »Auf die Idee wäre ich nie gekommen. Meine erste Reaktion war dementsprechend: Das kann ich gar nicht; die singen alle so laut; ich komm doch aus’m Chor …«, erzählt er. Für das Vorsingen des Opernstudios der Berliner Staatsoper bereitete er sich in kürzester Zeit – zwei Wochen – vor. Er absolvierte mit Bravour beide Runden und fand sich plötzlich als Opernstudiomitglied in der Hauptstadt wieder. Alles ziemlich überraschend und anders als geplant. Denn eigentlich hatte sich der frankophile Sänger gemeinsam mit seiner Freundin Paris als nächste Wegstation ausgeguckt. Aber die Chancen in Berlin begeisterten ihn dann doch schnell für zwei Jahre in der Hauptstadt: »Weil man mir etwas zugetraut hat. Außerdem habe ich dort Thomas Guggeis kennengelernt, der mich dann auch für das Frankfurter Ensemble vorgeschlagen hat.« In seinem ersten Studiojahr stand Magnus bereits als Mozarts Tamino auf der Bühne – eine Partie, die er ab Februar auch in Frankfurt verkörpern wird.


Der Unerschrockene

Sprünge ins kalte Wasser scheinen eine Spezialität des jungen Tenors zu sein. Davon konnte sich gleich zu Beginn der Spielzeit 2023/24 auch das Frankfurter Publikum überzeugen: Mit gerade mal einer Stunde Schnelldurchlauf aller szenischen Vorgänge sprang Magnus als Leukippos in der Wiederaufnahme von Daphne ein und legte eine fulminante Vorstellung hin. Auf lobende Worte antwortet er: »Najaaa, Maria Bengtsson und Peter Marsh haben mich großartig durch die Szenen geschoben. Außerdem habe ich die Partie ja schon in Berlin gesungen.« Auch damals hatte Magnus in einer Bühnen-Orchesterprobe sowie in der Generalprobe und der Premiere die Partie kurzfristig übernommen, nachdem er sie als Studiomitglied mitgelernt hatte.

Von Anfang an geplant waren Magnus’ komödiantische Auftritte als Basilio / Don Curzio in der ersten Frankfurter Premiere 2023/24: Le nozze di Figaro unter der musikalischen Leitung von Thomas Guggeis. Neben Tamino werden die Partien Dritter Jude (Salome), Walther von der Vogelweide (Tannhäuser) und Belmonte (Die Entführung aus dem Serail) folgen. »Als junger deutscher Tenor ist man eben schnell bei Mozart und Strauss. Wagner ist da ja schon der nächste Schritt. Aber ich bin offen für alles und freue mich auf das, was kommt. Allerdings muss ich zugeben: Rossini haut mich bisher noch nicht vom Hocker. Gounods Faust dagegen umso mehr. Das ist meine absolute Traumpartie! Französisches Repertoire auszuprobieren, darauf habe ich große Lust.« Womit wir wieder beim Thema Frankreich wären … Magnus freut sich riesig auf den ersten Auftritt in seiner Sehnsuchtsstadt Paris, wenn auch nicht mit französischem Repertoire: Im Dezember singt er am Théâtre des Champs-Elysées Alfred in der Fledermaus unter der musikalischen Leitung von Marc Minkowski.


Zwischen Baguette und Sauerteig

Wenn er einen Wunsch frei hätte, würde Magnus Dietrich gerne eine Weltreise machen. Im Moment freut er sich aber nach dem Trubel der Hauptstadt erstmal über das Leben im »etwas kompakteren« Frankfurt. Hier ist der passionierte Radfahrer schnell im Grünen. Außerdem sind die Wege nach Baden-Baden, wo seine Freundin inzwischen als Solo-Oboistin in der Philharmonie spielt, und nach Hause zu seinen Eltern oder zu seinem Bruder, der als Agrarwissenschaftler am Ammersee arbeitet, nicht so weit. Am Frankfurter Opernhaus hat sich Magnus sofort herzlich aufgenommen gefühlt.

»Woran es in Frankfurt allerdings noch etwas hapert: am Sauerteig«, lacht der leidenschaftliche Brotbäcker, der in der Küche neben Klassik am liebsten Jazz und Folk hört. »Ich habe ein Faible für guten Kaffee und gutes Brot. In Berlin hat das Backen immer reibungslos funktioniert, in Frankfurt musste ich meinen Teig erstmal wegschmeißen, weil er nicht mehr zu gebrauchen war.« Magnus nimmt’s mit Humor. Vielleicht ist auch das eine sympathische Eigenschaft, die er neben der Begeisterung für das Singen in Tenorlage von seinem Großvater geerbt hat. »Bis ins hohe Alter hat mein Opa unsere Familie und das ganze Dorf mit singenden Späßen zum Lachen gebracht«, erzählt er. Umso mehr freuen wir uns auf viele heitere und berührende Vorstellungen mit unserem neuen Ensemblemitglied Magnus Dietrich!