- Magazin Klassik
- Radio Klassik Stephansdom
- # 35 | Winter 2024
- S. 18-20
Die versunkene Opernwelt des Peter Jansky
In „Peters Operncafé Hartauer“ im ersten Wiener Gemeindebezirk treffen Opernliebhaber auf Operngrößen - Besuch in einer Lokalität, in der ganz offiziell die Zeit stillsteht
Text: Marlene Groihofer
In: Magazin Klassik, # 35 | Winter 2024, Radio Klassik Stephansdom, S. 18-20 [Hörermagazin]
Riemergasse 9, Ecke Jakobergasse. Wer hier durch die Tür tritt, der landet in einem eigenen Universum: jenem von Peter Jansky und seiner Liebe zur Oper. „Mein Kaffeehaus ist eine kleine Insel“, sagt der Mann, der seit 1981 hier serviert, kuratiert und inszeniert. Vor über vierzig Jahren hat er „Peters Operncafé“ gegründet.
Schwarze Holzsessel, mit verblasstem Blumenmuster überzogene Sitzbänke, in die Jahre gekommene Teppiche schmücken die Räumlichkeiten. Und Fotos, jede Menge Fotos. Sie füllen jeden Winkel, bis zur Decke, stehen in jeder Ecke und auf dem Klavier. Martha Mödl, Inge Borkh, Franco Corelli, Anneliese Rothenberger und Ljuba Welitsch lachen von den Wänden. Manchmal besonders strahlend. Dann, wenn Peter Jansky hinter der Bar seine große Taschenlampe zückt, um die Bilder seiner Gäste ins Rampenlicht zu rücken.
Mit Charme und schöner Schrift
All die Operngrößen an seinen Wänden waren einst auch hier zu Besuch. Kammersängerin Martha Mödl war es gar, die Janskys Operncafé eröffnet hat. „Wer heute jung ist, hat keine Ahnung, wer Martha Mödl war“, sagt Peter Jansky — und sucht den Vergleich: Es sei gewesen, als würde er Lady Gaga anfragen, ob sie sein Café-Opening übernehmen würde. „Unglaublich!“
Wie er das damals geschafft hat? Mit Charme jedenfalls: „Ich habe ihr vor ihrer Premiere in der Staatsoper am selben Abend noch einen Blumenstrauß geschickt.“ Auch mit seiner Schönschrift hat er Opernstars für sich gewonnen.
Als Peter Jansky anfing, Gesangswettbewerbe zu veranstalten, um Nachwuchstalente zu fördern, hatte er die große Ljuba Welitsch als Präsidentin an seiner Seite. Anneliese Rothenberger als Vorsitzende zu gewinnen, gestaltete sich schwieriger – bis er zu Papier und Tinte griff: Sein charmantes Briefchen hat die berühmte Opernsängerin überzeugt.
Treffpunkt für Jung und Alt
Früher stand es in Vollbetrieb, mittlerweile hat Peter Jansky sein Kaffeehaus Donnerstag, Freitag und Samstag ab 18 Uhr geöffnet. Pünktlich gehen die Lichter an. Die Kaffeemaschine surrt. Eine Frau um die sechzig nimmt an einem Tisch im Eingangsbereich des Cafés Platz und bestellt ein Seiterl Bier. Ein Bekannter bringt Peter Jansky einen Strauß Blumen vorbei, eine weitere Dame kommt mit Schokolade. Zwei junge Mädchen setzen sich auf die Bänke mit dem Blumenmuster. Aus den Lautsprechern erklingt die Stimme von Ljuba Welitsch als Salome, das Finale „Ah! Ich habe deinen Mund geküsst, Jochanaan“. Peter Jansky hält inne, die Hände auf einem Stapel CDs platziert, und summt ein bisschen mit. Ljuba Welitsch war bekannt dafür, beim Publikum auch Ohnmachtsanfälle auszulösen. „Ein Mädchen ist auch hier bei mir im Café einmal in Ohnmacht gefallen“, sagt Peter Jansky, „das muss die Erotik in Welitsch’ Stimme gewesen sein, die scheint zu viel gewesen zu sein.“ Was es bei ihm zu hören gibt, entscheidet Peter Jansky je nach Anlass und Gespür, orientiert sich dabei auch am Programm der Wiener Staatsoper. „Findet dort etwa die Premiere von Don Carlos statt, dann gibt es auch bei mir Live-Aufnahmen aus Don Carlos zu hören.“ Nachsatz: „Natürlich die besseren!“ Er lacht und nimmt einen Schluck Kaffee. „Ich habe viele Stammgäste“, sagt der Gastronom. Nach wie vor gehen Jung und Alt, Musikfans und Musikmachende bei Peter Jansky aus und ein. Sie musizieren selbst, sie hören zu, sie tauschen sich aus. „Ich bekomme auch viele Briefe geschickt, Post aus aller Welt.“ Manch berührende Zeile eines Gastes hat Peter Jansky über die Jahre besondere Freude gemacht: „Einmal schrieb jemand auf eine Serviette: ‚Sie haben mein Leben verändert.‘ – Die habe ich mir einrahmen lassen.“
„Akustik wie im Musikverein“
Klopft man an die beigefarbenen hohen Wände seines Kaffeehauses, so erklingt ein dumpfes hohles Geräusch. „Holz“, lacht der Musikliebhaber, „alles ist hier aus Holz. Darum ist die Akustik genauso großartig wie jene des Musikvereins.“ Das hat ihm einst auch einer bestätigt, auf dessen Meinung man wohl vertrauen kann: kein Geringerer als Herbert von Karajan. Als dieser sein Café besuchte, sei Peter Jansky furchtbar nervös gewesen, erzählt er: „Mein Koch hat mich damals versucht zu beruhigen und gesagt: Der Karajan ist doch auch nur ein Mensch.“
Trüffeltorte und Musikgenuss
Kerzen werden fürs romantische Ambiente an der Bar angezündet. Draußen ist es finster geworden. Baustellenlärm, der vor der Tür tagsüber geherrscht hat, ist verklungen. Die Zeit hat sich weitergedreht in der Riemergasse, nicht jedoch in Peter Janskys Räumlichkeiten. Seit der Gründung hat der Opernfan hier nichts mehr verändert. Möbel, Teppiche, Böden – alles ist gleich geblieben. Das ist ihm wichtig: „Hier bleibt die Zeit stehen. Denn das Einzige, das bleibt, ist die Erinnerung. Auch Träume sind etwas, das vergeht.“
Ob Peter Jansky selbst je den Traum hatte, Sänger zu werden? „Ich war nicht so fleißig beim Singen“, sagt er, „ich wollte nicht auf alles andere verzichten.“ Das Musikgenießen aber ist bis heute sein Lebenselixier: „Ein Stück Trüffeltorte dazu, dann bin ich überglücklich.“
Peter Jansky summt leise zur Stimme des schwedischen Opernstars Jussi Björling. Einer Religion habe er sich nie verbunden gefühlt, sagt der Kaffeehausbetreiber. Die Musik aber hat ihn stets zweifeln lassen: „Wenn ich Schubert oder Beethoven höre, dann denke ich: Es muss doch etwas zwischen Himmel und Erde geben.“
Öffnungszeiten „Peters Operncafé Hartauer“ in der Riemergasse 9 im ersten Wiener Gemeindebe zirk: jeden Donnerstag, Freitag und Samstag von 18 Uhr bis ein Uhr sowie an Silvester ab 18 Uhr. Infos: petersoperncafe.at
Webtipp
radioklassik.at/ jansky
Buchtipp
Peter Jansky hat Erinnerungen rund um sein Operncafé zu Papier gebracht. „Die große Welt der Oper in Peters Operncafé“ ist im Molden Verlag erschienen.
Modlen Verlag ISBN 978-3-222-15123-1 gebunden | 31,00 €
- Quelle:
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