• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • März / April 2025
  • S. 28-29

Hier bin ich

Jarrett Porter, Bariton

Text: Konrad Kuhn

In: Magazin, März / April 2025, Oper Frankfurt, S. 28-29 [Publikumszeitschrift]

Es ist gute Tradition an der Oper Frankfurt: Jedes Jahr werden Absolvent*innen unseres Opernstudios ins Ensemble übernommen – in diesem Jahr neben Nombulelo Yende und Karolina Makuła auch Jarrett Porter. So führte der Weg des US-amerikanischen Baritons nach seiner Ausbildung an der Eastman Music School und der renommierten Juilliard School über die Talentschmiede der Oper Frankfurt in unser Ensemble, wo als nächstes der Marquis de Corcy im Postillon de Longjumeau ansteht. »In den zwei Jahren im Opernstudio ging es darum, mir noch fehlende Bausteine anzueignen, mich weiterzuentwickeln. Das hört natürlich nie auf im Sängerberuf! Aber als Ensemblemitglied habe ich mehr Selbstvertrauen.« Der Stress ist weniger geworden, auch wenn die Herausforderungen nicht kleiner werden. »Jetzt sage ich mir: Hier bin ich! Die Oper Frankfurt ist mein künstlerisches Zuhause und wird es hoffentlich lange bleiben. Das fühlt sich einfach anders an – auch im Verhältnis zu den Kolleg*innen: Jetzt gehöre ich zur Familie!«


»Stage animal« – »Bühnentier«

Jarrett hat in den zwei Jahren im Opernstudio schon sehr viele Rollen gestaltet. Daran ist er gewachsen: »Das hat mir geholfen, auf der Bühne immer freier zu werden. So fühle ich mich jetzt bereit für größere Aufgaben.« Besonders gut lag ihm der Valentin in Gounods Faust, den er im letzten Sommer beim Berkshire Opera Festival in den USA interpretiert hat: »Die hohe Lage kommt meiner Stimme entgegen. Auch die französische Sprache liegt mir.« Eine andere Stärke ist das barocke Repertoire. Nach dem Curio in Giulio Cesare in Egitto letzte Spielzeit folgte in der laufenden Saison der Ormonte in der Händeloper Partenope. In der Titelrolle gab Jessica Niles ihr Debüt an der Oper Frankfurt – Gelegenheit für ein Wiedersehen, denn die beiden kennen sich noch vom Studium an der Juilliard School! In der Sicht der Regisseurin Julia Burbach war Ormonte nicht nur Berater und Weggefährte, sondern er wurde stellenweise zu einer Art Alter Ego der Partenope. Auch wenn Jarrett in dieser Partie nicht so viel zu singen hatte: Seine szenische Präsenz war umso mehr gefragt. »Ich war immer schon das, was man im Englischen ein ›stage animal‹ nennt: ein ›Bühnentier‹. Ich werde oft auch in Szenen eingesetzt, in denen ich nicht singe. Und tatsächlich ist es mir besonders wichtig, diese beiden Seiten des Berufs miteinander zu vereinen. Das funktioniert natürlich nur, wenn die gesangstechnische Seite souverän beherrscht wird.«

Die Vorteile eines Festengagements weiß der Bariton zu schätzen. »Es ist nicht mehr so einfach, sich als freischaffender Künstler durchzuschlagen. Zum Ensemble zu gehören, gibt mir Sicherheit. Ich kann Vorsingen für Gastauftritte mit einer anderen Lockerheit angehen. Zugleich freue ich mich über Angebote von anderswo.« Die Begegnung mit Nadja Loschky (Regie bei Giulio Cesare) hat zu einem solchen Angebot geführt: Ab Januar übernimmt er am Theater Bielefeld, dessen Intendantin Nadja Loschky ist, den Schaunard in einer Bohème-Inszenierung von Julia Burbach, die wiederum bei Partenope Regie geführt hat.

Noch etwas ist dem amerikanischen Künstler immer wichtig gewesen: das Kunstlied. »Da ist man als Sänger freier; man kann wichtige Entscheidungen für die Gestaltung wie z.B. das Tempo selbständig bzw. mit dem Partner am Klavier entscheiden.« Er freut sich darauf, Schuberts Winterreise nächstes Jahr in New York und Boston aufzuführen. »Auf dieses Werk komme ich immer wieder zurück. Ich empfinde es jedes Mal anders – auch, weil ich älter werde. Ich habe ja auch verschiedene Instrumente gelernt, darunter Klarinette; nehmen wir das Klarinettenkonzert von Mozart: Dieses Stück begleitet einen das ganze Leben lang. So geht es mir auch mit Schubert. Manche Leute haben mir geraten, mich zuerst mit Die schöne Müllerin zu beschäftigen. Dieser Zyklus klingt insgesamt frischer, jugendlicher. Aber ich habe mich schon immer mehr zur Winterreise hingezogen gefühlt. Der Ausgangspunkt ist eine Geschichte, die schon in der Vergangenheit liegt. Mein Zugang ist unbedingte Identifikation mit dem lyrischen Ich, und das Eintauchen in die düstere Welt dieser Lieder fasziniert mich.« Bestimmt ergibt sich irgendwann auch die Gelegenheit, einen Liederabend in Frankfurt zu gestalten!

 

OPERNTIPP

Auf unserer Opernbühne können Sie Jarrett Porter das nächste Mal als Marquis de Corcy erleben in:

LE POSTILLON DE LONJUMEAU
Adolphe Adam

PREMIERE 2. Mrz
VORSTELLUNGEN 6., 15., 21., 23., 29. Mrz / 4., 6., 9., 12. Apr