• Foyer5
  • Landestheater Linz
  • #37 | November / Dezember 2025
  • S. 20-23

Zwischen Volksgarten und Schlosspark

Die Oper "Adam und Eva" – eine Koproduktion des Landestheaters Linz mit den Schwetzinger SWR Festspielen, [...]

Text: Christoph Blitt

In: Foyer5, #37 | November / Dezember 2025, Landestheater Linz, S. 20-23 [Publikumszeitschrift]

[...] einem der bedeutendsten internationalen Festivals für klassische und moderne Musik in Deutschland
 

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Auf der einen Seite die BlackBox im Linzer Musiktheater, die als schwarzer, viereckiger neutraler Theaterraum ihrem Namen alle Ehre macht. Auf der anderen Seite mit dem Schlosstheater in Schwetzingen, das in Deutschlands Südwesten gelegen ist, einer der weltweit schönsten historischen Theaterbauten mit einem Bühnenportal aus blau-grauem Marmor und mit goldenen Säulenkapitellen, während die knarzenden Geräusche des grauen Holzbodens im Zuschauerraum auch akustisch beglaubigen, dass man sich in einem über 270 Jahre alten Bau befindet. Auch außerhalb beider Gebäude größtmögliche Gegensätze: In Linz öffnet sich das Theater hin zum Volksgarten, bei dem der Name Programm ist. Eine Grünanlage mitten in der Innenstadt, zu der jede:r, ob alt oder jung, reich oder arm, Linzer:in oder Nichtlinzer:in, Zutritt haben soll, um Erholung zu finden. Dafür ist die Anlage des Volksgartens auch nicht unabänderlich, sondern kann und wird den wandelnden Erfordernissen und Bedürfnissen immer wieder angepasst – etwa bei der großen Parkumgestaltung anlässlich des Baus des Musiktheaters.


Theater im Grünen

Auch in Schwetzingen gibt es sehr viel Grün um das Theater, das selbst nur ein kleiner Teil einer riesigen Schlossgartenanlage ist, mit idyllischen Laubengängen, Wasserspielen, Tempeln, Statuen, künstlichen Ruinen, Vogelvolieren, einem Badehaus und einer veritablen Moschee. Als Schlossgarten für die Sommerresidenz des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz war dieses Areal im Gegensatz zum Linzer Volksgarten allerdings per definitionem erst einmal nicht für die Allgemeinheit geplant und gedacht.


Ein Dichter zwischen den Welten

Zwei (Theater-)Stätten mit unterschiedlicher Geschichte und unterschiedlicher Aura, die sich nun zusammengetan haben, um Mike Svobodas Musiktheater Adam und Eva nach der gleichnamigen Komödie des DDR-Autors Peter Hacks gemeinsam zu realisieren. Und man muss konstatieren, dass es kaum eine bessere Kombination zweier Orte für dieses Projekt hätte geben können: Das im Schlosspark gelegene Hoftheater, in dem im 18. Jahhundert Persönlichkeiten wie der Philosoph Voltaire, wie die klassischen Opernkomponisten Wolfgang Amadé Mozart und Christoph Willibald Gluck oder auch Casanova zu Gast waren; und die Linzer BlackBox, die eben von einem feudalen Theaterbau mit Rängen und Logen so weit entfernt ist wie der der Allgemeinheit gehörende Volksgarten von dem eingezäunten aristokratischen Idyll des Schwetzinger Parks – diese konkreten Örtlichkeiten sind Repräsentanten der beiden Pole, zwischen denen sich der Autor Peter Hacks bewegte. 1928 in Breslau geboren, studierte er in München und siedelte 1955 freiwillig in die DDR über. Hier entwickelte er sich zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller sowohl im Osten als auch im Westen. Das war nicht der einzige Gegensatz, der die Person Hacks ausmachte. So war er ein überzeugter Sozialist, der den Idealen der DDR auch treu blieb, als dieser Staat sich 1989 auflöste. Gleichzeitig genoss Hacks aber auch das Leben als Millionär, das ihm die Einkünfte und Tantiemen seiner Werke ermöglichten. Der Freund alles Klassischen und große Goethe-Bewunderer, der privat als Dandy eine beinah feudal zu nennende Lebensweise bevorzugte, lässt sich demnach gut mit dem in sich paradoxen Titel eines „sozialistischen Dichterfürsten“ beschreiben.


Gegensätze im Garten Eden

Und so ist angesichts dieser Spannung zwischen Volks- und Schlossgarten, zwischen dem Linzer Landestheater und den renommierten Schwetzinger SWR Festspielen Mike Svobodas musiktheatrale Version von Peter Hacks' 1973 in Dresden uraufgeführter Komödie Adam und Eva bestens aufgehoben. Ganz zu schweigen, dass sich das Gartenthema bei einem Stück natürlich fortsetzt, das im Garten Eden spielt – sei dieser nun auf der Bühne konkretisiert oder auch nur in den Köpfen der Protagonist:innen wie etwa Adam, Eva und Gott präsent. Das Aufeinandertreffen von Gegensätzen ist für einen Dialektiker wie Peter Hacks generell von entscheidender Bedeutung, wenn in seinem Stück Himmel und Hölle, Gott und Mensch, Gebot und freier Wille oder Liebe und Tod miteinander konfrontiert werden und aus der Reibung dieser Antithesen die dramatische wie komödiantische Kraft seines Textes entsteht. Umso passender, wenn die Linzer und Schwetzinger Inszenierung von Mike Svobodas Adam und Eva diese Dialektik auch über die beiden Orte, an denen sie erar beitet wurde, in sich aufgenommen hat.

 

ADAM UND EVA (ÖE)
Musiktheater in einem Vorspiel und drei Akten von Mike Svoboda

Andrea Moses (Regie) Daniel Strahilevitz (Musikalische Leitung)

Mit Morgane Heyse, Manuela Leonhartsberger, Tina Josephine Jaeger, Alexander York, Sebastian Hufschmidt u. v. m.

Ab 29. November 2025
BlackBox Musiktheater

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