- PROspekt
- Theater Erfurt
- # 11 | Dezember 2019 - März 2020
- S. 7
Premiere
Nicht von dieser Welt
Uwe Stickert debütiert in Erfurt als Lohengrin
Text: Stephan Drehmann
In: PROspekt, # 11 | Dezember 2019 - März 2020, Theater Erfurt, S. 7 [Publikumszeitschrift]
Das Idealbild eines Retters in der Not, geheimnisvoll,
strahlend, nicht von dieser Welt – so tritt Lohengrin in Richard Wagners
gleichnamiger Oper in Erscheinung. Die Inszenierung von Hans-Joachim Frey
verortet die mystische Erlöserfigur in einer utopischen Zukunft. Für den Tenor
Uwe Stickert, der die anspruchsvolle Partie in der Erfurter Produktion
übernehmen wird, geht ein Traum in Erfüllung.
Richard Wagner hat die Charaktere seiner Figuren sehr genau
vorgegeben. Beim Ritter Lohengrin sieht Uwe Stickert jedoch einigen Raum für
Interpretationen: „Er ist von einem großen Geheimnis umgeben, da muss mehr
dahinterstecken als die Fassade eines Helden.“ Der renommierte Weimarer Tenor
wird bei der Neuproduktion von Wagners Oper die Titelpartie singen und freut
sich sehr darauf, den Kern der Figur zu ergründen.
Die letzte Lohengrin-Inszenierung in Erfurt liegt 17 Jahre
zurück. Damals war die Wagner- Oper noch an der Ersatzspielstätte
„Kuppel-Theater“ zu erleben. Klaus Florian Voigt debütierte als Lohengrin,
heute gilt er weltweit als Idealbesetzung für diese Rolle. Auch für Uwe
Stickert ist sein Erfurter Lohengrin die erste große Wagner-Partie, ein Ziel,
auf das er sich lange vorbereitet hat: „Für einen Tenor wie mich ist der
Lohengrin genau das Richtige, dieses Engagement kommt zum perfekten Zeitpunkt.“
Zu Beginn seiner Karriere feierte Uwe Stickert vor allem Erfolge mit Mozart und
Rossini-Opern. In den vergangenen Jahren machte er sich international einen
Namen als Interpret des französischen Fachs mit Partien von Gounod und Meyerbeer.
Auch Margrethe Fredheim, seit 2015 Ensemble-Mitglied in
Erfurt, hat ihr großes Wagner-Debut. „Elsa passt einfach stimmlich und
charakterlich sehr gut zu mir“, freut sich die norwegische Sopranistin. Richard
Wagner, oder genauer: eine Tannhäuser-Aufführung in Oslo, gab für sie den Ausschlag,
tatsächlich das Singen zum Beruf zu machen. „Ich habe eine Statue von Wagner in
meiner Wohnung“, verrät sie. „Er schaut mich immer an und gibt mir Motivation.“
Helden werden immer gebraucht
Für die Handlung des Lohengrin griff Wagner auf die
Sagengestalt des Schwanenritters zurück, der der unschuldig angeklagten
Prinzessin Elsa von Brabant in der Stunde der Not zu Hilfe eilt. Die beiden
verlieben und vermählen sich. Als Elsa ihn jedoch nach seiner Herkunft fragt,
was er zuvor streng verboten hat, kehrt er wieder zurück in die geheimnisvolle
Welt der Gralsburg. Der untadelige Held verzweifelt an der Fehlbarkeit der
Menschen.
Diesen mittelalterlichen Stoff, den Wagner in romantischer
Geschichtsverehrung auswählte, versetzt Regisseur Hans-Joachim Frey in eine
Zukunft, die uns technisch mindestens so weit voraus ist, wie wir der Zeit
Wagners. Ausstatter Hartmut Schörghofer darf futuristisch auftrumpfen. Kann ein solches Konzept funktionieren? Uwe Stickert hat keine Zweifel:
„Menschen werden immer Menschen sein, auch in 200 Jahren werden sie noch einen
überirdischen Erlöser suchen“, ist sich der Sänger sicher.
In der Inszenierung von Hans-Joachim Frey kommt dieser
Retter dann auch nicht als christlich besetzter Heilsbringer daher. Lohengrin
stammt hier wortwörtlich aus einer anderen Welt, nur ist diese nicht über-,
sondern außerirdisch. Eine tolle Idee, findet Margrethe Fredheim: „Elsa ist von
Lohengrin so fasziniert, weil er mehr ist als ein Mensch. Er könnte genauso gut
von einem anderen Planeten kommen!“
Erlösung aus den Weiten des Alls?
Der Kontakt mit Außerirdischen beschäftigt die Menschheit
bereits seit der Antike. Um die Wende zum 19. Jahrhundert entwickelte sich ein
entsprechendes Sub-Genre innerhalb der Science-Fiction-Literatur. Mit dem
technischen Fortschritt schien auch der Kontakt zu außerirdischen Zivilisationen
nicht mehr undenkbar. Das Aussterben der Dinosaurier, die Pyramiden von Gizeh,
das versunkene Atlantis – es gibt kein Rätsel der Vergangenheit, das seither
nicht mit extraterrestrischem Eingreifen in Verbindung gebracht wurde.
Ufo-Sichtungen und Berichte von entführten Menschen machen seit den 1950er
Jahren immer wieder Schlagzeilen.
Die Besucher von anderen Planeten stellte man sich dabei
nicht grundsätzlich als gefährliche Aggressoren vor wie in Herbert George
Wells’ Roman Der Krieg der Welten von 1901. Nicht selten treten sie als Helden
auf wie beispielsweise Superman oder als technisch und moralisch überlegene
Gesellschaft, die die Menschheit vor sich selbst retten will.
Aufgewachsen mit Star Wars und Star Trek ist Uwe Stickert
fasziniert von Science-Fiction. Die Existenz außerirdischer Zivilisationen hält
er nicht nur für möglich, sondern für sehr wahrscheinlich. „Allein durch die
unvorstellbare Größe des Universums kann das Leben auf der Erde kein Einzelfall
sein“, ist er überzeugt. Dass ein Kontakt zu diesen Wesen wünschenswert wäre,
bezweifelt er jedoch. Schließlich hat auch für Elsa das Eingreifen Lohengrins –
ob außerirdisch oder nicht – nicht nur positive Konsequenzen.
Lohengrin
Oper von Richard Wagner
Text vom Komponisten
Uraufführung Weimar 1850
In deutscher Sprache mit Übertiteln
Musikalische Leitung
Myron Michailidis
Inszenierung
Hans- Joachim Frey
Ausstattung
Hartmut Schörghofer
Besetzung
König Heinrich der Vogler:
Kakhaber Shavidze
Lohengrin: Uwe Stickert
Elsa von Brabant:
Margrethe Fredheim
Friedrich von Telramund:
Ks. Máté Sólyom-Nagy
Ortrud: Anne Derouard
Heerrufer: Siyabulela Ntlale
Premiere
Sa, 8. Februar 2020, 18 Uhr
Großes Haus
Weitere Vorstellungen
Mi, 26.02. | So, 01.03. |
Sa, 14.03. | So, 05.04. |
Fr, 17.04. | So, 03.05.2020
Matinee
Regieteam und Ensemble
stellen sich vor
So, 2. Februar 2020, 11 Uhr
Großes Haus, Eintritt frei
Rang frei!
Der exklusive Probenbesuch
Mo, 27. Januar 2020, 18.30 Uhr
99 Zählkarten ab 17.30 Uhr
Eingang STUDIO.BOX, Eintritt frei
Spieldauer:
4 Std., 2 Pausen
- Quelle:
- PROspekt
- Theater Erfurt
- # 11 | Dezember 2019 - März 2020
- S. 7
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