• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • November/Dezember 2019
  • S. 24

Liederabend Stanislas de Barbeyrac

Stanislas de Barbeyrac

Fern von der einsamen Insel

Text: Zsolt Horpácsy

In: Magazin, November/Dezember 2019, Oper Frankfurt, S. 24 [Publikumszeitschrift]

Er sang hohen Sopran und liebte seine solistischen Aufgaben im Kinderchor. Ein »üblicher« Start zu einer Sängerkarriere, wie ihn auch Stanislas de Barbeyrac erlebte. Doch nach dem Stimmbruch zeigt seine Biografie überraschende Kurven und Umwege: Plötzlich interessierte ihn das in Frankreich überaus populäre Rugby mehr als das Singen. Und nach der Schule wollte er erst einmal einen »vernünftigen« und »anständigen« Beruf erlernen und Journalist werden. Mit der Zeit zeigten sich aber die ersten Entzugserscheinungen: Ihm fehlte einfach die Musik. Als sich Stanislas de Barbeyrac dann mit 20 Jahren am Konservatorium von Bordeaux vorstellte und tatsächlich angenommen wurde, überraschte ihn das selbst ein wenig. Schon nach den ersten Gesangsstunden war klar, dass seine Stimme kräftig und wunderbar timbriert ist. Damit stand auch sein »echtes« Berufsziel fest. Der Wunsch, Sänger zu werden, löste in seiner der Musik eher fernen Familie Verwunderung aus. Dennoch erhielt er alle Unterstützung.

Nach drei Jahren Gesangsstudium bei Lionel Sarazzin, bis heute sein Lehrer, wechselte er ins Studio der Pariser Oper, lernte eine Menge neuer Partien und gewann verschiedene Gesangswettbewerbe – 2011 sogar den Königin Elisabeth Wettbewerb in Brüssel. 2014 erhielt er die Auszeichnung Révélation Artiste Lyrique des renommierten Wettbewerbs Victoires de la Musique. Seit 2008 steht Stanislas de Barbeyrac mit einem beeindruckenden Repertoire auf den großen Opernbühnen, u.a. in London, Paris, Amsterdam, Berlin, München, Wien und San Francisco. In der Spielzeit 2019/20 debütiert er als Don Carlos und Damon (Les Indes galantes) an der Opéra national de Paris. Als Tamino – eine Partie, die er schon oft gesungen hat – wird er am Teatro Real in Madrid zu erleben sein. Außerdem gastiert er als Don Ottavio (Don Giovanni) wieder in Paris und als Admète (Alceste) an der Bayerischen Staatsoper.

Wenn er auf eine einsame Insel gehen müsste, würde er Poulencs Dialogues des Carmélites, Tschaikowskis Eugen Onegin und Musik von Schostakowitsch mitnehmen. Er meint, es sei wichtig für die Entwicklung seiner Stimme, Oper, Lied und Oratorium abwechselnd zu interpretieren. Bedauerlicherweise bleibe ihm für Liederabende zwischen den vielen Opernproduktionen mit langen Probenzeiten wenig Raum. Eine CD-Einspielung von Schubertliedern mit Orchesterbegleitungen von Berlioz, Liszt, Strauss, Britten und Schubert selbst (Nacht und Träume) gibt es bereits. Wie gut für das Publikum, dass er jedenfalls derzeit die Bühne der Insel vorzieht.


LIEDER VON Gustav Mahler, Henri Duparc u.a.

TERMIN 26. November, 19.30 Uhr
TENOR Stanislas de Barbeyrac KLAVIER Alphonse Cemin