• PROspekt
  • Theater Erfurt
  • # 3 | März-Juni 2017
  • S. 10-11

Premiere

Roméo et Juliette

Text: Arne Langer

In: PROspekt, # 3 | März-Juni 2017, Theater Erfurt, S. 10-11 [Publikumszeitschrift]

Im Unterschied zu den Libretti zahlreicher anderer Vertonungen des Shakespeare’schen Dramas orientiert sich Charles Gounods Oper stark am Original. Die Librettisten Jules Barbier und Michel Carré waren die besten ihrer Zeit. Von ihnen stammt auch der Text zu Gounods so erfolgreicher Faust-Oper (1859) und später der zu Offenbachs Les Contes d’Hoffmann (Hoffmanns Erzählungen). Trotz der Konzeption als große Oper in fünf Akten und mehrfacher Umarbeitungen der Partitur ist natürlich – wie generell in Opern-Adaptionen – das Personal gegenüber dem Shakespeare-Stück reduziert. Hier aber bei weitem nicht so sehr wie z.B. bei Riccardo Zandonai. Für die Übernahme an die Große Pariser Oper musste Gounod allerdings noch Ballett und Festmusiken hinzukomponieren, auf die heutige Aufführungen in der Regel verzichten.

So wechseln in Gounods Partitur große Chorszenen wie der Ball am Beginn oder der Kampf im Finale des 3. Akts mit intimeren Situationen. Neben einigen wenigen markanten Solonummern sind es vor allem die Duette der beiden Hauptpersonen, die die Oper strukturieren:

„Shakespeares Liebesdrama ist gewissermaßen ein großes Duett. In der Oper, welche das lyrische Element noch breiter entfalten muss, wird alles Licht auf die Träger desselben, auf die beiden Liebenden fallen und sämtliche übrigen Personen tief in den Schatten stellen. Das Duett ‚Romeo und Julie‘ legt sich in Gounods Oper in vier einzelne Duette auseinander, welche einen großen Raum des Ganzen einnehmen.

Sie skizzieren gleichsam die Biographie der Liebe zwischen Romeo und Julie von deren erstem Erblühen bis zur tragischen Vernichtung, und verhalten sich in ihrem Fortgang zu einander etwa wie die vier Jahreszeiten oder die vier Altersstufen. Es sind dies: die erste große Begegnung auf dem Ball, die Balkonszene im zweiten Akt, das große Liebes- und Abschiedsduett im vierten, endlich das letzte Wiedersehen in der Gruft. Selbst der erfindungsreichste Komponist würde hier der Gefahr der Wiederholung und Monotonie kaum entgehen können. Gounod hat seine beste Kraft daran gesetzt, und die vier Liebesduette sind die Sterne seiner Oper.“
(Eduard Hanslick)

Wie Offenbachs im selben Jahr herausgebrachte Operette Pariser Leben verdankt auch Gounods Oper Roméo et Juliette ihren durchschlagenden Erfolg zunächst der Weltausstellung, die tausende Gäste – und damit auch Theaterbesucher – aus ganz Europa nach Paris gelockt hatte. Doch der Publikumszuspruch erwies sich in Paris und dann schnell auch weltweit als nachhaltig und ließ erst ab den 1930er Jahren etwas nach. Gounods zu Lebzeiten größter Bühnenerfolg steht heute im Schatten seiner Oper Faust (Margarethe), die wegen ihres Sujets in Deutschland viel häufiger gespielt wurde. In Erfurt etwa erlebte Gounods Faust mindestens fünf Neuproduktionen, zuletzt 2015 in der halbszenischen Inszenierung von Benjamin Prins, während Roméo et Juliette erstmals hier zu erleben sein wird.

Der Komponist verspricht nicht zuviel, wenn er sagt: „Der erste Akt endet brillant; der zweite zart und träumerisch; der dritte lebhaft, groß und breit, mit den Duellen und dem Bannspruch über Roméo; der vierte dramatisch; der fünfte tragisch. Das ist eine schöne Steigerung.“ (Charles Gounod)

Der 1982 in Florenz geborene Regisseur Federico Grazzini, der mit dieser Inszenierung sein Deutschland-Debüt gibt, legt Wert auf die Zeitlosigkeit der Thematik und deren Gegenwartsbezüge: „Die Botschaft des Stücks ist nicht der Triumph der Kraft der Liebe. Die beiden Liebenden bilden kein moralisches oder ethisches Modell. Das Augenmerk liegt auf dem unausweichlichen und unvermeidlichen Druck unserer Gesellschaft und den daraus resultierenden Konsequenzen. Solange sich die Gesellschaft nicht ändert, wird es immer Opfer wie Romeo und Julia geben.“ (Federico Grazzini) 


Roméo et Juliette

Oper in fünf Akten von Charles Gounod
Text von Jules Barbier und Michel Carré
UA Paris 1867
In französischer Sprache mit Übertiteln

Musikalische Leitung Samuel Bächli
Inszenierung Federico Grazzini
Ausstattung Hank Irwin Kittel

Besetzung
Juliette: Daniela Gerstenmeyer / Julia Neumann
Roméo: Won Whi Choi
Tybalt: Thomas Paul
u.a.

Opernchor des Theaters Erfurt
Philharmonisches Orchester Erfurt Thüringen
Philharmonie Gotha

Premiere
Sa, 13. Mai 2017, 19.30 Uhr
Großes Haus

Weitere Vorstellungen
Fr, 26.05. | Fr, 02.06. | Sa, 10.06.2017

Matinee
Regieteam und Ensemble stellen sich vor
So, 7. Mai 2017, 11 Uhr
Großes Haus, Eintritt frei

Rang frei!
Der öffentliche Probenbesuch
Di, 9. Mai 2017, 18.30 Uhr,
99 Zählkarten ab 17.30 Uhr am Studioeingang, Eintritt frei