• Magazin Klassik
  • Radio Klassik Stephansdom
  • # 5 | Sommer 2017
  • S. 27

Komponistenporträt

Giuseppe Martucci

Oper? Nein danke! Italiens Pionier der Instrumentalmusik

Text: Monika Jaroš

In: Magazin Klassik, # 5 | Sommer 2017, Radio Klassik Stephansdom, S. 27 [Hörermagazin]

Ist’s nicht allbekannt, dass ganz Italien ein Opernland? Ganz Italien? Nein, vereinzelt gab es immer wieder Bestrebungen auch die Instrumentalmusik zu pflegen. In den Hauptstädten versuchten ab 1860 diverse Quartettgesellschaften ihre stimmenseeligen Landsleute für Kammermusik zu begeistern (meist vergeblich) und im symphonischen Bereich leistete Giovanni Sgambati wichtige Pionierarbeit. Zur bedeutendsten Schlüsselfigur in der Wiederbelebung der Instrumentalmusik in Italien sollte jedoch der 1856 geborene Giuseppe Martucci werden, der heute vermutlich nur noch Respighi-Kennern als dessen Lehrer ein Begriff sein dürfte. Wie bereits eine Generation zuvor Sgambati, widersagte auch Martucci der damals allmächtigen Oper, nachdem er durch seinen Lehrer Beniamino Cesi, einem Thalberg-Schüler und dem Begründer der neapolitanischen Klavierschule, zunächst die deutsch-österreichische Musiktradition kennen- und liebengelernt hatte.

Als Leiter der „Società Orchestrale di Napoli“ dirigierte er fortan Werke von Beethoven, Berlioz und Schumann und sorgte als Direktor des Liceo Musicale in Bologna für die italienischen Erstaufführungen von Wagners „Tristan“ und von Brahms’ Zweiter Symphonie. Für Letzteren hegte Martucci im Übrigen besondere Verehrung, wobei das einzige Zusammentreffen der beiden im Mai 1888 wohl vor allem eins gewesen sein dürfte: eigenwillig. Denn statt die Dolmetscherdienste des anwesenden Brahms-Freundes Josef Viktor Widmann in Anspruch zu nehmen, vergnügten sich der junge italienische Konservatoriumsdirektor und der renommierte Komponist aus Deutschland lieber damit, einander Themen aus Brahms’ Kammermusikwerken vorzusingen und zu summen. Augen- und Ohrenzeuge Widmann in seinen Erinnerungen: „Es war ein wunderbarer Auftritt.“

Martucci scheint überhaupt eine äußerst einnehmende Persönlichkeit gewesen zu sein, die sowohl als Pianist wie als Dirigent selbst mit wenig populären Werken von Wagner, Debussy & Co reüssieren konnte; einer seiner Gönner gründete gar ein Orchester für ihn, das Orchestra Napoletana. Doch auch seine eigene Musik fand prominente Unterstützer, darunter Gustav Mahler, Anton Rubinstein und Arturo Toscanini, die seine Kompositionen noch lange nach Martuccis Tod im Jahr 1909 in ihrem Repertoire behielten. In den letzten Jahren entdeckte schließlich Riccardo Muti die Werke seines neapolitanischen Landmannes für sich, von denen er sagt: „Wer Martucci richtig dirigieren will, muss wohl die deutsche Musik im Kopf, aber die italienische im Herzen haben.“ 


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