• Magazin Klassik
  • Radio Klassik Stephansdom
  • # 11 | Winter 2018/19
  • S. 28-29

„Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy

Text: Elisabeth Birnbaum

In: Magazin Klassik, # 11 | Winter 2018/19, Radio Klassik Stephansdom, S. 28-29 [Hörermagazin]

Ein streitbarer biblischer Prophet

Das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy erzählt vom biblischen Propheten Elija, frei nach dem ersten (Kap. 16-19) und zweiten Buch (Kap. 1-2) der Könige. Elija aus Tischbe erweist sich in der Bibel als energischer Prophet, der im 9. Jh. v. Chr. in Israel kraftvoll für seinen Gott eintritt. 

Seine Auseinandersetzung mit König Ahab und dessen Frau Isebel, die dem Fruchtbarkeitsgott Baal anhängen, seine Wundertaten an der Witwe von Sarepta und ihrem Sohn, sein spektakulärer Wettstreit mit den Baalspropheten um den rechten Gott, seine Flucht und Verzweiflung, seine Gottesbegegnung am Horeb und schließlich seine Entrückung in den Himmel sind bekannte, bühnentaugliche Elemente, die in der Bibel nachzulesen sind.

Mendelssohn und sein Librettist, Pfarrer Julius Schubring, ergänzen jedoch für ihr Werk Details und Personen, die über die Elija-Erzählung hinausgehen. Die eingefügten Texte sind aber nicht bibelfremd, sondern eine Collage aus anderen passenden Bibeltexten.

Große Gefühle

Die Ergänzungen dienen erstens der Emotionalisierung: Auf die nüchterne Ankündigung einer Dürrezeit gleich zu Beginn etwa folgen ein berührender Klagechor und ein flehentliches Bittgebet des Volkes zu Texten aus Jeremia und den Klageliedern.  

Engel

Zum zweiten erweitern die Autoren den Part mancher Personen. So gibt es auffällig viele Engel in dem Oratorium. Sie sprechen an Gottes statt oder kommentieren das Geschehen und sorgen nicht zuletzt für musikalische Höhepunkte. Obadja wiederum, biblisch ein gottesfürchtiger Hofmeister des Königs, der lediglich einen Botendienst erfüllen muss (1 Kön 18), wird im Oratorium zu einem wichtigen Mittler zwischen Elija und dem Volk mit teilweise prophetischen Zügen. Während Elija handelt, ist es Obadja, der dem Volk die Gründe dafür erklärt und zu Reue und Umkehr ermahnt. Hier dienen die Bücher Jeremia und Joël als Textgrundlage.

Elija – Vorläufer Christi?

Und zum dritten endet das Werk nicht mit der Himmelfahrt Elijas. Schubring wollte Elija zum direkten Vorläufer Jesu Christi machen. Das ging dem aus dem Judentum konvertierten Mendelssohn zu weit. Einen eher allgemein gehaltenen Ausblick auf „einen“, der da kommen wird, auf einen endzeitlichen Heilsbringer, fügt aber auch er ein. 

Das Oratorium bedient mit der Adaption des Bibeltextes die Bedürfnisse der Zeit: Große Emotionen, Chorszenen voll Dramatik und eine großartige, berührende Musik. Und inhaltlich eine starke charismatische Persönlichkeit, ein einsames verkanntes, doch unbeugsames Genie, und die Verheißung eines Auserwählten Gottes, der machtvoll und heilsam kommen wird.


Radiotipp

Felix Mendelssohn Bartholdy: Elias.
10. Februar 2019, 19.00 Uhr

Mit einer Einführung von Dr. Elisabeth Birnbaum


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