• Magazin Klassik
  • Radio Klassik Stephansdom
  • # 14 | Herbst 2019
  • S. 38-39

Österreich-Japan

Musikbeziehungen

Text: Otto Biba

In: Magazin Klassik, # 14 | Herbst 2019, Radio Klassik Stephansdom, S. 38-39 [Hörermagazin]

Studierende aus Japan an (Musik-)Universitäten, Konservatorien und Musikschulen, japanische Unterrichtende, Japaner und Japanerinnen auf den Opernbühnen, in Chören und Orchestern: alltägliche Eindrücke und Erfahrungen in der österreichischen Musikszene. Die Wiener Philharmoniker einmal jährlich für die „Wiener Philharmoniker Week“ in der Suntory Hall in Tokyo, ihre Konzerte anderswo in Japan, Kammermusikensembles der Wiener Philharmoniker sind kontinuierlich über das ganze Jahr auf Tourneen im ganzen Land. Auch andere Orchester sind gern gesehene Gäste in Japan, anerkannte Kammermusikensembles, gar nicht zu reden von namhaften Instrumental- und Vokalsolisten. Japan in den Kalendern österreichischer Musiker: längst ganz normal.

Aber wann begannen die Musikbeziehungen zwischen Österreich und Japan? In gewisser Hinsicht in der Barockzeit, als das ferne, für Ausländer verschlossene Land ein Stoff für die Opernbühne wurde. Missionare, von denen die letzten 1639 aus Japan vertrieben wurden, haben ein Jahrhundert lang viele Nachrichten aus Japan nach Europa gelangen lassen. Selbst als das Land abgeschottet war, haben einige wenige holländische Handelsleute einmal im Jahr ins Landesinnere reisen dürfen, wo sie insgeheim viele Aufzeichnungen, nicht zuletzt über die Musik machen konnten. Missionare und Handelsleute, auf ihren Nachrichten und Erfahrungen basieren die Opernstoffe, die von der Hofoper bis zu Singspielen auf den Schultheatern der Jesuiten, Piaristen und Benediktiner realisiert wurden; man braucht sich daher nicht zu wundern, dass auch im Libretto der „Zauberflöte“ japanische Wurzeln stecken.

Dann kam es zur Öffnung des Landes um die Mitte des 19. Jahrhunderts, und es begannen die Konzertreisen österreichischer Künstler nach Japan. Der erste, es war der Pianist Franz Jachimek, kam 1870 gar nicht dort an, weil sein Schiff sank. Allen anderen, bis hin zu Fritz Kreisler und Felix Weingartner, war das Schicksal hold. Und der gar nicht reiselustige Johann Strauß hat eine Einladung gar nicht erst angenommen.

Für das 1886 eröffnete Kaiserliche Musikkonservatorium in Tokyo wurde ein Direktor – natürlich, möchte man sagen – aus Österreich gesucht: Der Bruckner-Schüler Rudolf Dittrich nahm an. Nach seiner Rückkehr publizierte er japanische Volksmusik in Klavier-Arrangements. Eine seiner Ausgaben diente Puccini als Information, als er „Madame Butterfly“ komponierte. Klavierarrangements japanischer Volkslieder publizierte auch ein österreichischer Gesandter in Japan, Carl Zaluski, der als Komponist und Diplomat von 1883 bis 1888 in Tokio war. Bei dem japanischen Gesandten in Wien, Graf Ujitaka Toda, hat Johannes Brahms die Gattin des Gesandten Koto spielen gehört und sich dazu Notizen gemacht.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Japan wurden im Oktober 1869 aufgenommen. Gastgeschenk Kaiser Franz Josephs an die japanische Kaiserin war ein Bösendorfer-Flügel. Als der Tenno ersuchte, das ihm unbekannte Instrument hören zu können, gab einer der österreichischen Diplomaten spontan das erste Klavierkonzert am japanischen Kaiserhof – mit einem technisch ziemlich anspruchsvollen Programm.  

Und seit wann gibt es japanische Musikstudenten in Wien? Seit 1890, als die damals zwanzigjährige Koda Nobu am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien Violine, Klavier und Komposition zu studieren begann. Nach dem Abschluss ihrer Studien war sie in Japan eine gesuchte Geigerin wie Pianistin, die problemlos kurz hintereinander mit Mendelssohns Violinkonzert und Griegs Klavierkonzert auftreten konnte. 1946 ist sie dort verstorben.

Die Musikbeziehungen zwischen Österreich und Japan sind ein faszinierendes Thema, das hier nur in Schlagworten angedeutet werden konnte. Im November zeigt das Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Tokyo eine große Ausstellung dazu. In der Sendung „Geschichten aus dem Archiv“ hat radio klassik Stephansdom sich bereits diesem Thema gewidmet.