• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • September/Oktober 2009
  • S. 22

Die Karriere mit Sorgfalt planen

Elza van den Heever, Sopran

Text: Andreas Skipis

In: Magazin, September/Oktober 2009, Oper Frankfurt, S. 22 [Publikumszeitschrift]

Schüchtern? Nein, dass möchte man bei der jungen Sopranistin Elza van den Heever nun wirklich kaum glauben. Mit ihrem offenen Wesen strahlt sie Selbstbewusstsein und Unbeschwertheit aus. Aber im persönlichen Gespräch zeigt sie auch eine andere Seite: »Ja, von Natur aus bin ich eher scheu, nur wenn ich auf der Bühne stehe und in fremde Persönlichkeiten schlüpfen kann, dann fühle ich mich völlig ungezwungen und frei, da habe ich überhaupt keine Hemmungen, da kann ich eine andere sein«, sagt sie. Deshalb liebe sie auch so sehr das europäische Regietheater, »hier geht es um das Modellieren von Charakteren, da werden wirklich Sinnzusammenhänge deutlich gemacht«, das entspräche ihr viel mehr, als »traditionelle« Inszenierungen, wie sie etwa in Amerika üblich seien. 

Solche Sätze machen deutlich, dass es Elza van den Heever nicht nur darum geht, mit ihrer fulminanten Stimme das Publikum in den Bann zu schlagen – das gelingt ihr aufgrund einer außerordentlichen Begabung fast mühelos –, nein, sie hat etwas zu sagen und möchte den Zuschauer durch ihre Darstellung, ihre Interpretation überzeugen. Wer sie etwa in der vergangenen Saison als Elsa in Wagners Lohengrin an der Oper Frankfurt erlebt hat, wird nicht nur über ihre stimmliche Strahlkraft erstaunt gewesen sein, sondern auch über die äußerst intelligente Art, wie sie ihre vokales Potential in den Dienst einer differenzierten Darstellung stellte. 

Geboren wurde Elza van den Heever in Südafrika. In ihrem Elternhaus habe eine »ziemlich kreative Atmosphäre« geherrscht. Auch zwei ihrer Brüder – sie kam als Drilling auf die Welt – arbeiten heute in künstlerischen Bereichen. Gesangsstudien führten sie zunächst nach San Francisco zu Sheri Greenawald, die sie teilweise auch heute noch als Lehrerin begleitet. In Amerika wurde Elza van den Heever schnell als Geheimtipp gehandelt. Ihr eigentlicher Durchbruch fand jedoch in Frankfurt statt: Als sie vor eineinhalb Jahren in der Neuproduktion von Puccinis Il trittico die Partie der Giorgetta übernahm, wurde sie, die bis dahin in Europa nahezu unbekannt war, sofort als Sensation gefeiert. Die Zusammenarbeit mit Regisseur Claus Guth habe ihr damals die Augen für ein »wirklich echtes und leidenschaftliches Durchleben eines Schicksals« auf der Bühne geöffnet. Seit diesem Erfolg kann sie sich vor Angeboten kaum retten. 

Kein Zweifel, Elza van den Heever steht am Beginn einer glänzenden Karriere. Doch sie will ihren weiteren Werdegang in Ruhe planen und ihre Stimme sorgfältig weiterentwickeln. »Die Art, wie heute Opernstars gemacht werden, diese ganze hektische Überstürzung, interessiert mich nicht, ich halte das für sehr gefährlich.« Sie sei froh, »an einem so passioniert arbeitenden Haus wie Frankfurt«, ein solides Fundament für ihre Weiterentwicklung legen zu können. 


Elza van den Heever singt in der Saison 2009/10 die Titelpartie in konzertanten Aufführungen von Anna Bolena, Vitellia in La clemenza di Tito sowie abermals Elisabeth von Valois in Don Carlo. Die junge Künstlerin konnte 2008/09 als Ensemblemitglied gewonnen werden, nachdem sie hier als Giorgetta in Puccinis Il trittico 2007/08 ihr Europadebüt gegeben hatte. Es folgten Angebote von weltweit führenden Häusern wie der Bayerischen Staatsoper München, der Opéra National de Paris, der Opéra National de Bordeaux, dem Theater an der Wien, der Dallas Opera und der Lyric Opera of Chicago. 2008 gewann Elza van den Heever beim Internationalen Wagner-Wettbewerb der Seattle Opera.