• Foyer5
  • Landestheater Linz
  • Jänner - März 2025
  • S. 22

Mit schrägem Witz und Herzlichkeit

Adam Kim

Text: Anna Maria Jurisch

In: Foyer5, Jänner - März 2025, Landestheater Linz, S. 22 [Publikumszeitschrift]

Beim ersten Gespräch mit dem Regieteam von Madama Butterfly über seine Rolle als Sharpless hat Adam Kim eine ziemlich charmante und pointierte Anekdote parat: Als Student hat er sich in Mailand beim Verlag Ricordi für eine Menge Geld eine ganze Reihe von Klavierauszügen gekauft – natürlich von Partien, die er im Laufe seiner Karriere gern singen wollte. Gut fünfundzwanzig Jahre später kann er jetzt, da er die Rolle des amerikanischen Konsuls Sharpless in Puccinis hochemotionaler Oper über die Last unerfüllter Hoffnung singt, auch endlich den Klavierauszug von Madama Butterfly nutzen. Die anderen Partien hat er schon längt gesungen. Aber Sharpless ist ihm lange nicht angeboten worden, wie er selbst erzählt, wahrscheinlich auch, weil die Besetzung eines aus Korea stammenden Sängers als amerikanischer Konsul, der in Japan stationiert ist, irgendwie doch immer ein bisschen seltsam schien. Und das, obwohl wir in der Oper für gewöhnlich wirklich jede Behauptung ohne mit der Wimper zu zucken akzeptieren. Im Konzept von Isabel Ostermann spielt es keine Rolle, welche Ethnien die Sänger:innen haben, da die Geschichte in ihrer Emotionalität und ihrer Durchschlagskraft über den nationalen Konflikt zwischen dem Amerikaner und der Japanerin hinausgeht.

Für Adam fügt sich das Rollendebut als Sharpless allerdings perfekt. Er hat eine Spielzeit voller Rollendebuts – von einem Gastspiel als Wolfram von Eschenbach in Wagners Tannhäuser an der Korean National Opera Seoul über den Förster in Leoš Janáčeks Die gerissene Füchsin, um nur einige zu nennen, kann er mehrere seiner Wunschpartien singen und auch neue Wünsche entdecken. Aber so eine Spielzeit voll mit neuen Aufgaben ist auch daher perfekt, weil sich für Adam ein runder Geburtstag nähert, und er das Gefühl hat, dass auch er sich selbst verändert hat, so dass neue Rollen, neue Herausforderungen und Möglichkeiten sich für ihn jetzt richtig anfühlen. Aber den Bösewichten, die so in seinem Stimmfach recht häufig vorkommen und für die er sich besonders gern Inspiration in Filmen wie Der Pate holt, wird er auch weiter treu bleiben.

Sharpless ist nicht gerade ein Bösewicht, das betont auch Adam selbst: „Eigentlich ist er ein wahnsinnig normaler Mensch, er trifft nicht immer die besten Entscheidungen, aber er hat ein gutes Herz. Das klingt gar nicht so spannend, aber zwischen den extremen Figuren der Oper macht er doch einen großen Unterschied“. Und tatsächlich ist dieser Konsul, über den man kaum etwas erfährt, der einzige Mann in Madama Butterfly, für den ein Publikum in der Regel echte Sympathie aufbringen kann. Und was die Sympathien angeht, ist Sharpless dann doch näher an Adam Kim als Kollegen angesiedelt als die Schurken und Intriganten, die er häufig singt. Denn nicht nur, dass Adam immer einen schrägen Witz oder Akupunkturtipps parat hat, er ist auch einer der herzlichsten Kollegen, die man sich vorstellen kann.