Pressemeldung

Neue Ausrichtung und neuer Intendant

Internationale Gluck-Opern-Festspiele • 22. Oktober 2020

Die Gluck Festspiele Nürnberg wagen trotz schwieriger Zeiten einen echten Neustart vom 29. April bis 2. Mai 2021  – mit renommierten Künstlern, Neuentdeckungen und  einer komplett neuen Sichtweise des gemeinhin als "brav" eingestuften Opern-Reformers Christoph Willibald Gluck.  Kein Mainstream, sondern ein Festival mit Tiefgang, das Maßstäbe setzen will! Der "Kurzversion" 2021 (die auch in Corona-Zeiten stattfinden wird) soll 2022 ein zweiwöchiges Festival folgen.  

Dem großen Opernreformer Christoph Willibald Gluck begegnet man heute eher selten auf den Opernbühnen der Welt. Einer der leidenschaftlichsten Fürsprecher von Glucks Werk ist Michael Hostetter, der als neuer Leiter der Gluck Festspiele jetzt sein erstes Programm für 2021 vorlegte. Ein Signal für Künstler wie Publikum trotz der gegenwärtig schwierigen Zeiten der Kulturbranche. Gluck soll hier neu und hoch emotional zu erleben sein - auf historisch informierter Basis, versteht sich.

Die Festspiele beginnen die Reise zur Wiederentdeckung Glucks in Nürnberg und Fürth, Bayreuth und Castell, Freystadt und Lehrberg. Im darauffolgenden Jahr soll es zweiwöchige Festspiele an noch mehr Orten der Metropolregion geben. 2021 soll das gemeinsam mit Künstlern wie Samuel Mariño (dem derzeit wohl weltbesten männlichen Sopranisten), dem renommierten Calmus-Ensemble, dem Händelfestspielorchester Halle und einigen der besten Ensembles der Barockszene geschehen. Im Mittelpunkt: Die außergewöhnlich besetzte Aufführung der Parma-Fassung des "Orpheus" (2. Mai), die bislang aufgrund der sehr hoch notierten Hauptpartie nicht mehr aufgeführt werden konnte. Künftig werden das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, Julian Prégardien, Anja Silja und viele andere mit dabei sein.

«Mozart und Berlioz, Wagner und Strauss haben um den Schatz gewusst, den Gluck hinterlassen hat – und dennoch ist dieser bis heute nicht wirklich gehoben», sagt Michael Hofstetter, der als mehrfach ausgezeichneter Dirigent an vielen renommierten Opernhäusern in Europa und den USA dirigiert. Dass der berühmteste Opernkomponist seiner Zeit Fürsprache heute nötig hat, ist für den neuen Intendanten der Gluck Festspiele kein Nachteil: «Wer heute Lust hat auf echte Entdeckungen, wird unser Festival in den kommenden Jahren als Eldorado erleben.» Dabei ist für Hofstetter gar nicht entscheidend, besonders viel Gluck zu spielen. Sowohl Musik seiner Vorgänger, seiner Zeitgenossen und seiner Nachfolger wird es im vielfältigen Programm der Festspiele geben: «Nur wenn wir eben Gluck spielen, dann ist die Frage, wie wir das tun.» Den Schlüssel für eine ganz neue Sicht auf den «berühmtesten vergessenen» Komponisten sieht der künstlerische Leiter vor allem darin, nicht auf die scheinbare Schlichtheit seiner Kompositionen hereinzufallen. «Gluck hat uns gezeigt, dass die größten

Dinge einfach sein können, doch das ist auch die Gefahr dabei. Wir müssen die ungeheure emotional-drama-tische Wucht dieser Musik wiederentdecken und neu verhandeln, wie man Gluck spielt.»

 

Sechs Konzerte beim Festival-Start 2021

Die neuen Gluck Festspiele wollen trotz der gegenwärtig schwierigen Zeiten für die Kulturbranche an vier Festspieltagen den Aufbruch in ein neues künstlerisches Selbstverständnis wagen – an ausgewählten Spielstätten in der Metropolregion Nürnberg. Vom historischen Reichssaal Nürnberg bis zum Stadttheater Fürth, von der Wallfahrtskirche Maria Hilf im oberpfälzischen Freystadt bis ins unterfränkische Castell. Zentrum der sechs Konzerte 2021 ist die konzertante Aufführung von Glucks bekanntestem Werk «Orfeo ed Euridice» in der Parma-Fassung (2. Mai 2021): Ein Schatz aus den Archiven, war doch lange Zeit kaum ein Sänger in der Lage, diese hohe Orfeo-Fassung zu singen. Die Gluck Festspiele präsentieren hier mit dem Sopranisten Samuel Mariño einen jungen Sänger, dem die Parma-Fassung auf die Stimmbänder geschrieben ist. Für die berühmten Chöre wird das bekannte Calmus Ensemble ergänzt um den Kammerchor Josquín des Préz, als «Orchestra in Residence» spielt das Händelfestspielorchester Halle unter Michael Hofstetter. Ebenfalls mit Samuel Mariño lebt am 30. Mai 2021 ein «Gipfeltreffen» zwischen Händel und Gluck wieder auf, das am 25. März 1746 in London als Benefizkonzert historisch verbrieft ist. Einen faszinierenden Einblick in die Musizierpraxis, die auch fürs Glucks Musik maßgeblich ist, gibt das junge Ensemble «L’Estro d’Orfeo» am 29. April 2021 mit seinem Programm «L’arte di diminuire». Die mehrfache ECHO Klassik-Preisträgerin Hille Perl bringt am 1. Mai 2021 unter anderem Werke von Henry Purcell zur Aufführung – ein Komponist, der Glucks Schaffen erstaunlich nahesteht. Am gleichen Tag runden ein Orchesterkonzert mit dem Händelfestspielorchester Halle und ein Abend mit dem Calmus-Ensemble den Start der neuen Gluck Festspiele 2021 ab.

 

Vision: Kulturbotschafter der Metropolregion Nürnberg

«Wir wollen die Gluck Festspiele ausbauen zu einem europäischen Festival, bei dem man die spannendsten Ensembles und Stars der Barockszene erleben kann», beschreibt Michael Hofstetter seine Festival-Vision. 2022 soll es 14 Festspiel-Tage an den schönsten Orten und in den schönsten Räumen der Region geben, denn die Gluck Festspiele sollen zu einem Flächenfestival der Metropolregion Nürnberg und zu deren Kulturbotschafter entwickelt werden. Mehr noch: «Gluck steht für das Beste, was unsere Gesellschaft sein kann, für Humanismus, Wahrhaftigkeit, menschliche Größe.» Festspiele, so Hofstetter, seien für ihn keine Vitrine, in der man schöne Raritäten ausstelle: «Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass Kultur reflektiert, wie wir heute und morgen leben wollen. Ich glaube: Wir brauchen Gluck in unserer Zeit».

 

UPDATE vom 23.03.2021: Verschiebung der Gluck-Festspiele auf 16. bis 19. September 2021

 

In der derzeitigen Pandemie-Situation seien weder genug Proben im Vorab noch eine ungehinderte Einreise aller Mitwirkenden aus dem Ausland möglich gewesen, um das Leuchtturm-Wochenende der Festspiele entsprechend vorzubereiten. «Das hätte selbst ein Streaming unmöglich gemacht», erklärt Michael Hofstetter. Die Verschiebung ist den Gluck Festspielen aber auch im Sinne der Gesamtverantwortung wichtig, die solche Festivals derzeit nicht zulässt.

Mit der Verlegung in den September ergeben sich Änderungen der Spielstätten wie im Programm: Die Reise zur Wiederentdeckung Glucks findet in Fürth und Neumarkt, Amberg und Lehrberg, Castell und der Gluck-Stadt Berching statt. «Ich will mit dem verkürzten Festival 2021 zeigen, was wir können, worauf man sich in den kommenden Jahren freuen darf», verspricht Hofstetter. Nicht weniger als ein Leuchtturm der Festival-Szene schwebt ihm vor. Einer, der Gluck neu denkt und interpretiert, die emotionale Wucht seiner Musik erspürt. Mit Neuentdeckungen wie Samuel Mariño, dem wohl fulminantesten männlichen Sopran unserer Zeit, und Größen wie der renommierten Akademie für Alte Musik Berlin.