Kurzkritik | Premieren-Stream vom 21.03.2021

«Der Rosenkavalier» (Strauss) - Bayerische Staatsoper

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21. März 2021

Foto © Bayerische Staatsoper / Wilfried Hösl

Mit dieser Produktion ersetzte die Bayerische Staatsoper die legendäre und weiten Teilen des Publikums ans Herz gewachsene »Rosenkavalier«-Inszenierung von Otto Schenk durch eine zeitgemäße Bildästhetik. Das Ausmaß, in dem dieses Wagnis gelang, könnte andere Häuser zur Nachahmung inspirieren: Barrie Kosky begegnete dem Werk mit Respekt und gab erprobten Ideen gegenüber Experimentellem den Vorzug. Der vom Publikum in diesem Werk erwarteten eleganten Opulenz wurde Rechnung getragen, es entstanden - auch in ruhigen Momenten - starke Bilder. Der Witz und die Sentimentalität liegen bei Kosky auch im »Rosenkavalier« eng beieinander, und er verstand es auf meisterhafte Weise, die uneindeutige Zeit der Handlung (im 18. Jahrhundert wurde noch kein Walzer getanzt) für eine Reise durch 400 Jahre Bühnenkunst zu nutzen.

Auf höchstem Niveau agierte das Orchester unter dem designierten GMD Vladimir Jurowski, der sich aufgrund der gebotenen Abstandsregeln - die zwar das Orchester, aber glücklicherweise nicht die Bühne betrafen - für eine reduzierte Orchesterfassung durch Eberhard Kloke entschied. Diese ermöglichte den Interpret:innen eine ausdrucksstarke, mitunter geradezu liedhafte Interpretation. Gerade einmal ihrer einstigen Paraderolle der männerfressenden Lulu entwachsen, gab Marlis Petersen ein ungewohnt frühes Rollendebüt als altersweise Marschallin. Barrie Kosky wusste die körperlichen Vorzüge der gefeierten Sängerschauspielerin freilich zu nutzen und zeigte uns die vielleicht verführerischste Marschallin der Operngeschichte - was in keinster Weise Petersens gesangliche Qualitäten schmälern soll, die auch diesmal von größtmöglichem Ausdruck gekennzeichnet waren. Erstklassig besetzt waren auch alle weiteren Partien, die aufgrund der gebotenen Kürze hier nur exemplarisch aufgezählt werden: Samantha Hankey als nicht-ganz-eindeutig männlicher Oktavian, Katharina Konradi als gar-nicht-so naive Sophie, Christof Fischesser als optisch gar-nicht-so grauslicher Baron Ochs und Daniela Köhler als Leitmetzerin mit Thatcher-Frisur. Luxus war überdies Johannes Martin Kränzle in der Rolle des Herrn von Faninal. - Prädikat: unbedingt! (sb)


https://operlive.de/rosenkavalier [Link mittlerweile inaktiv]

 

Musikalische Leitung Vladimir Jurowski 
Inszenierung Barrie Kosky
Bühne Rufus Didwiszus
Kostüme Victoria Behr
Licht Alessandro Carletti
Chor Stellario Fagone
Dramaturgie Nikolaus Stenitzer

Die Feldmarschallin Marlis Petersen
Der Baron Ochs auf Lerchenau Christof Fischesser
Octavian Samantha Hankey
Herr von Faninal Johannes Martin Kränzle
Sophie Katharina Konradi
Jungfer Marianne Leitmetzerin Daniela Köhler
Valzacchi Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Annina Ursula Hesse von den Steinen
Ein Polizeikommissar Martin Snell
Der Haushofmeister bei der Feldmarschallin Manuel Günther
Der Haushofmeister bei Faninal Caspar Singh
Ein Notar Christian Rieger
Ein Wirt Manuel Günther
Ein Sänger Galeano Salas
Adelige Waisen Emily Pogorelc, Sarah Gilford, Daria Proszek
Eine Modistin Eliza Boom
Ein Tierhändler George Vîrban

Bayerisches Staatsorchester
Chor der Bayerischen Staatsoper

staatsoper.tv
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