Staatstheater Nürnberg

Schweigen und Harren

Familienoper einmal anders: In Jens-Daniel Herzogs grandioser Version von Claude Debussys «Pellèas et Mélisande» korrespondieren Tempo und Bildsprache perfekt, Sänger und Orchester sind fantastisch

Stephan Schwarz-Peters • 10. Juni 2024

Auf der Suche nach einem Ring steigt Samuel Hasselhorn als Pelléas hinab in eine Kloake. Die silberstimmige Mélisande von Chloë Morgan hält ihm die Leiter © Bettina Stöß

Dritter Akt, zweite Szene: Während sich die Musik, ohnehin nur ein permanentes Raunen und Andeuten seelischer und emotionaler Zustände, gänzlich in sinistres Murmeln verwandelt, führt Prinz Golaud seinen Bruder Pelléas an den Rand eines Abgrundes. Wie auch der „Brunnen der Blinden“, der im vorangegangenen Akt Mélisandes Ehering verschluckt, handelt es sich bei der im finstersten Kellerwinkel gelegenen Zisterne um ein Loch ohne Boden. Abgestandene Luft und der Gestank von Fäulnis erschweren den Männern das Atmen, doch in den oberen Etagen sieht es nicht besser aus. Von Alter, Krankheit, Tod und Schwermut durchzogen, ist…