Wiener Staatsoper

Des Kaisers alte Kleider

Ein Buh vor dem ersten Ton, gelichtete Reihen nach der Pause, aber am Ende erhebliche Begeisterung für die musikalische Seite einer faden, am Kern vorbei gedachten Inszenierung von Verdis «Don Carlo»

Walter Weidringer • 30. September 2024

Die Zeit wird knapp für Fairness in der Textilindustrie. Mit Verdis «Don Carlo» hat das aber eher weniger zu tun © Wiener Staatsoper / Frol Podlesnyi

Tolle Sache, dieses futuristische „Repositorio de Yuste“. Aber mieses Betriebsklima. Die Stimmung dürfte ungefähr so konstant frostig sein wie in jenem Tresor, in dessen von Trockeneisnebel umwaberten Schubladen unter Schutzatmosphäre die historischen Kleidungsstücke vom Hof Philipps II. von Spanien aufbewahrt werden: Prunkroben der Königin Elisabeth und der Prinzessin Eboli, auf charakteristische Weise hochgeschlossen, mit unsichtbar gemachtem Busen und Kothurnen unter den Reifröcken. Dazu die Gansbäuche, Heerpauken und Braguetten des Königs und des Infanten, also ihre Wamse, ausgepolsterte kurze Puffhosen und Schamkapseln, zu tragen über zart gewob…