Landestheater Linz
Mozart im Traumland
Papa Sarastro und Mama Königin der Nacht haben einen Streit, den das Wunderkind Mozart schlafend verarbeitet. Tamino besteht im Reich der Musik seine Prüfungen. Eine Kinderkritik
Tamino Burianek • 09. März 2025

Heute war ich zum zweiten Mal im Musiktheater des Landestheaters Linz, das meine absolute Lieblingsspielstätte ist, weil im Großen Saal kleine Bildschirme in den Vordersitzen eingebaut sind. Auf denen kann man vor der Vorstellung Fragen beantworten, und während der Vorstellung wird darauf der Text eingeblendet (mein Papa sagt, das gibt es auch in der Wiener Staatsoper, aber dort war ich noch nie im Zuschauerraum). Außerdem finde ich die moderne Architektur im Foyer sehr schön (viel Holz!). Damit es abends nicht zu spät wird, haben meine Eltern Karten für eine Vorstellung der «Zauberflöte» besorgt, die bereits um 17 Uhr begann. Wir saßen unten im Parkett, wo so gut wie alle Plätze belegt waren. Von der zehnten Reihe aus hatten wir einen guten Blick auf die sehr kunstvoll gestaltete Bühne, die von verschiebbaren, auf Platten aufgemalten Sträuchern umrahmt war (Bühnenbild und Kostüme: Karine Van Hercke).
Die Inszenierung von François de Carpentries beginnt mit einem riesigen Klavier und einem Kinderbett. Mozart wird von seinem strengen Vater gezwungen, Klavier zu spielen und dabei zu komponieren. Seine Mutter sorgt aber dafür, dass Mozart ins Bett geht, es ist offenbar schon spät. Zwischen dem Vater und der Mutter entsteht ein Streit. Das alles passiert während der Ouvertüre.
Wenn kurz darauf Tamino von dem Ungeheuer verfolgt wird, dann ist klar, dass Tamino und Mozart ein und dieselbe Person sind. Mozart träumt die Geschichte der «Zauberflöte». Das Ungeheuer sieht aus wie eine Schlange mit Drachenkopf, wobei der Schlangenkörper aus Notenlinien besteht. Doch dann kommen die drei Damen, retten ihn und verschwinden wieder, um ihrer Chefin, der Königin der Träume, zu berichten.

Somit ist klar: Die Königin der Nacht regiert die Welt der Träume. In Linz singt Morgane Heyse diese Rolle ziemlich gut. Die Königin der Träume ist zugleich Mozarts Mutter, was ich komisch finde, weil sie dann zugleich die Mutter von Pamina ist – und bekanntlich werden Pamina und Tamino am Ende, nachdem sie mehrere Prüfungen bestanden haben, ein Paar. Sowohl Jonathan Hartzendorf (Tamino) als auch Rebecca Nelsen (Pamina) haben schöne Stimmen und spielen überzeugend. Sie werden immer wieder von Elfen in grünen Anzügen unterstützt, die von einem Kinderchor lautstark und engelhaft gesungen werden.
Mozarts Vater ist hingegen Sarastro. Eigentlich Herrscher über die Sonne und das Licht, ist er hier der Herrscher über ein Musikreich, in dem es vor Noten und Instrumenten nur so wimmelt. Die wilden Tiere, zum Beispiel, die Tamino mit seiner Zauberflöte zähmt, sind unterschiedliche Musikinstrumente, die ein wenig wie die Pommes-Schachteln bei McDonald´s ausschauen. Dominik Nekel als Sarastro hat eine kräftige, tiefe Stimme.
Wenn Tamino das Musikreich betreten möchte, dann muss er sich entweder für ein Quadrat, ein Dreieck oder einen Kreis als Eingangstüre entscheiden. Diese Symbole haben mich an die Knöpfe der Playstation erinnert (nur das „X“ hat noch gefehlt). Ein toller Effekt war auch, dass der Sprecher (Gregorio Changhyun Yun) manchmal auf einer großen Geige und durch Seile abgesichert hoch oben in der Luft schwebt – zum Beispiel dann, wenn er den traurigen Papageno davon abhält, sich zu erhängen.
Nach der Vorstellung meinte mein Papa, dass Mozart in dieser Inszenierung seine musikalischen Ideen in einem Traum verarbeitet, in dem Noten und Musikinstrumente miteinander Konflikte austragen. Monostatos (Christian Drescher) ist hier zum Beispiel kein „Schwarzer“ sondern ein „Schläger“ am Schlagzeug, der für eine einfache Popmusik steht.

Lustig ist der Papageno, der Tamino zu Beginn mit einem riesigen Fangnetz einfängt – er ist ja ein Vogelfänger. Martin Achrainer spielt ihn mit einem wienerischen Dialekt und singt ihn auch sehr gut. Er lernt seine Papagena (Tina Josephine Jaeger) als alte, hässliche Frau kennen. „Besser ‚a Oide‘ (eine Alte), als gar keine“, sagt er schließlich betrunken und ist mit einer Heirat einverstanden. Erst dann sieht man, dass Papagena eigentlich doch nicht so alt ist, und am Ende singen sie – mit einer Wäscheleine, auf der Mini-Kleidungsstücke aufgehängt sind – über ihre baldigen Kinder.
Die Musik gefiel mir sehr gut. Ich mag normalerweise Opern, die durchkomponiert sind, aber «Die Zauberflöte» ist ein „Singspiel“, da wird zwischen den Musikstücken immer wieder gesprochen. Die Aufführung war nie langweilig, obwohl die Vorstellung mehr als drei Stunden (inklusive Pause) gedauert hat. Dirigiert hat Markus Poschner. Am Schluss wird das gesamte Orchester hochgefahren und beleuchtet. Der kleine Mozart löst Poschner ab und dirigiert die Oper fertig. Das war ein schöner Effekt, überhaupt hat mir die Aufführung sehr gut gefallen.
Tamino Burianek, zehn Jahre, besucht die vierte Klasse Volksschule in Wien
«Die Zauberflöte» – Wolfgang A. Mozart
Landestheater Linz · Musiktheater / Großer Saal
Kritik der Aufführung am 8. März
Termine: 22. März; 8./10./20./25. Mai; 19./25 Juni
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