Kalchschmids Albenpanorama

09/2025

Neu im September: Schubert-Lieder mit Sandrine Piau, Anna Lucia Richter singt Mahler und Giacomo Puccinis frühe «Messa di Gloria» mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Ivan Repušić

Klaus Kalchschmid • 14. September 2025


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Es dauert lange bis man sich eingehört hat, dann aber entfaltet das neue Schubert-Album von Sandrine Piau unter dem Titel „Quintette imaginaire“ (Imaginierte Quintette) ungeahnte Klänge, denn hier spielt kein Klavier, sondern ein Streichquartett. Wunderbar etwa das duftige Pizzicato in „Der Musensohn“ oder die großen Bögen in den langsamen Liedern. Irritierend bleibt manchmal die Diskrepanz zwischen der Üppigkeit des Quartett-Klangs und der reduzierte Vierstimmigkeit gegenüber der Möglichkeit der Vollgriffigkeit beim Klavier. Warum freilich gibt es die Quartett-Fassung von „Der Tod und das Mädchen“, den Variationensatz aus dem d-moll-Quartett, aber nicht das gleichnamige Lied? Gegenstück ist dafür das vorausgehende Lied „Viola“, mit ganzen 14 Minuten ebenso lang wie der Quartettsatz. Rein instrumental ist auch der berühmte c-moll-Quartettsatz, beides vom Quatuor Psophos mit viel Liebe zum Detail und zu exquisiten Pianissmi ohne Scheu vor harschen Tönen gespielt. Zwischen diesen beiden Quartetten ist „Der Erlkönig“ wie ein Keil hineingetrieben. Es ist das einzige weniger gelungene Lied auf diesem Album, denn Piaus wasserklare, helle, aber farbarme Stimme passt wie jede Frauenstimme nicht zu dieser Ballade. Um schöner klingen die Mignon-Lieder und das abschließende „Wandrers Nachtlied“. Da sind Streichquartett und Sängerin ganz bei sich und geradezu symbiotisch miteinander verschmolzen. (Alpha)


„Songs of Fate“ (Schicksalslieder) heißt das Mahler-Album von Anna Lucia Richter und dem Gürzenich-Orchester Köln unter Jordan de Souza. Neben den fünf erschütternden «Kinder-Totenliedern», die immer noch im Schatten der Rückert-Lieder und der «Lieder eines fahrenden Gesellen» stehen, enthält sie eine Auswahl der populärsten Lieder aus «Des Knaben Wunderhorn», endend mit dem „Urlicht“, zentraler Satz der zweiten Symphonie. Der Mezzosopranistin gelingt die Quadratur des Kreises, denn sie singt die Wunderhorn-Lieder mit vielen Farben und prägnanter Artikulation, lässt sich von ihrem Humor aber nicht zum Übertreiben verleiten, sondern bleibt (meist) ganz natürlich und überzeugt zudem durch eine große Textverständlichkeit. Der junge kanadische Dirigent begleitet mit dem Gürzenich Orchester ebenfalls zugleich pointiert und geschmeidig. Leider enthält das Booklet der CD – wie heute oft üblich – zwar einseitige Künstlerfotos und Biographien mit eher überflüssigen Informationen, aber nur ein Interview mit gerade mal drei Fragen und keinerlei Liedtexte. (Myrios Classic)


Giacomo Puccinis frühe «Messa di Gloria», eigentlich „Messa a quattro voci con orchestra“, vollendet 1880, ist mit 45 Minuten Spieldauer ebenso kompakt wie sie sich klassisch und opernhaft zugleich gibt. Sie ist eine „geradezu freche Verschmelzung“ des 22-Jährigen „von traditionellem Handwerk und jugendlichem Sentiment“ (Puccini-Handbuch). Der Chor des Bayerischen Rundfunks hat daran genauso viel Spaß wie das Münchner Rundfunkorchester unter Ivan Repušić, das noch «Preludio sinfonico» und das Streichquartett „Crisantemi“ in der Orchesterfassung beisteuert. Schade, dass die beiden exzellenten Solisten, der Tenor Tomislav Mužek und Bariton George Petean, nur so wenig zu singen haben. Dafür ist der Chor umso mehr von diesem Gesellenstück gefordert und nimmt seine stilistisch vielfältigen Aufgaben trotz aller Leichtigkeit mit großem Ernst in einem Werk wahr, das den Weg Puccinis als Kirchenmusiker zu ebnen schien. Denn seine Familie stellte in vierter Generation den Kapellmeister am Dom zu Lucca, seiner Heimatstadt. Neben dem lateinischen Original gibt es im Booklet eine englische Übersetzung. (BR-Klassik)