Styriarte
Es stehet auf wer kann
Die erste Folge der im vergangenen Sommer in Graz begonnenen „Attems Saga“ ist als kostenloser Video-Stream in der Online-Mediathek des steirischen Festivals abrufbar
Stephan Burianek • 12. November 2024
Man müsse dem Publikum wieder vermehrt das geben, was es sich wünsche, plädierte der Styriarte-Intendant Mathis Huber vor drei Jahren in einem vielbeachteten Interview mit OPERN·NEWS: Musik sei „nicht dafür da, gelehrig in Schach zu halten, sondern um glücklich zu machen“, sagte er, das hätten auch Publikumsumfragen gezeigt. Schließlich gäbe es außer der künstlerischen Qualität „keine heiligen Kühe […], und wenn Teile des Publikums kurze Konzerte cool finden, dann bedienen wir diese.“ In Folge wurden selbst ausgegrabene Raritäten, wie etwa Johann Joseph Fux‘ « La Corona d’Arianna» (Die Krone der Ariadne) stark gekürzt, dafür aber vor oder nach der Vorstellung mit einem musikalischen Picknick im angrenzenden Eggenberger Schlossgarten garniert. Der Genuss stand im Vordergrund, und das mit Erfolg: Das Publikum nimmt die entspannten Formate begeistert an.
Ein neues Kapitel wurde im vergangenen Sommer mit „Attems Saga“ aufgeschlagen: Man lädt das Publikum während des Festivals in das prunkvolle Palais Attems, dem Styriarte-Sitz im Grazer Stadtzentrum, und entführt es auf heitere Weise in die Barockzeit. Im vergangenen Sommer herrschte große Aufregung: Man erwartete die Kaiserin Maria Theresia und wollte dem hohen Besuch zeigen, wozu man in der Steiermark imstande sei. Das Publikum wurde zunächst bei den hektischen Vorbereitungen Zeuge, bevor es am folgenden Tag im Grazer Schauspielhaus einer «Jahreszeiten-Oper» beiwohnte: Carlotta Colombo brillierte als "eingeflogene" Diva, Anna Manske sang die Mizzi Huber von nebenan nicht minder ergreifend. Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ bilden den allseits bekannten, steirisch interpretierten roten Faden, der diesen Pasticcio-Abend vornehmlich aus Vivaldi-Werken zusammenhielt.
Der Regisseur und Schauspieler Adrian Schvarzstein führte eine improvisationsbegabte Gauklertruppe an, der Dramaturg Thomas Höft amüsierte als Hofpoet Bacchus und die prominente Schauspielerin Maria Köstlinger spielte die unfreiwillig komische Gräfin Attems, deren hochtrabendes Getue nicht davon ablenken konnte, dass wir doch alle – ob adelig oder nicht – letztlich nur triebgesteuert sind. An ihre Einführung in die Vivaldi-Oper «L’incoronazione di Dario» (Die Krönung des Darius) dürfte sich das Publikum außerdem noch länger erinnern.
Und natürlich beteiligte sich auch das Publikum, wenn unter der musikalischen Leitung von Michael Hofstetter zu einem vivaldischen Jahreszeiten-Motiv mehrfach und kollektiv der Kaiserin gehuldigt wurde: „Es stehet auf wer kann, ob Jungfrau oder Mann, ob Esel oder Schwan…“
OPERN·NEWS berichtete begeistert, nun kann das alles in einem von der Styriarte auf anderthalb Stunden gekürzten Video-Mitschnitt (nochmals) in den eigenen vier Wänden genossen werden. Wer danach noch immer keine Lust auf eine Reise zur nächsten Folge der „Attems Saga“ bekommen hat, dem empfehlen wir einen Psychiater.
Zum Thema
OPE[R]NTHEK / STYRIARTE
Attems Saga 1 (Programmheft), Styriarte, 2024