Putins Propagandakünstler

Der Loyale und sein Lohn

Breaking News !!! Das Team der von Alexei Nawalny gegründeten Stiftung für Korruptionsbekämpfung zitiert OPERN∙NEWS in einem Video über Ildar Abdrazakov

Stephan Burianek • 05. November 2025

Die Videos des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny, in denen er auf die Korruption innerhalb des Systems Putin aufmerksam machte bevor er im Februar 2024 in einem russischen Gefängnis starb, sind im Westen wohlbekannt. Die von ihm gegründete Stiftung für Korruptionsbekämpfung führt sein Werk bis heute fort. In einem neuen Youtube-Video über den russischen Sänger Ildar Abdrazakov würdigt das Team Nawalny den OPERN·NEWS-Artikel „Die Verlockungen von Macht und Geld“ vom 26. Februar 2023. OPERN·NEWS deckte u.a. auf, dass der Sänger für einen ca. zehnminütigen Auftritt bei einem Propaganda-Konzert in Moskau im Jahr zuvor drei Millionen Rubel verdient hatte, was damals etwa 46.000 Euro entsprach.

 


Link zum Video (Zitat ab 03:20) 


 

In besagtem Video erläutert Alexander Pomazuev aus dem Team Nawalny das Problem in der Causa Abdrazakov: „Als sich Putin im März 2024 wieder einmal zum Präsidenten ‚wählen‘ ließ, ging es ihm nicht um ein gewünschtes Wahlergebnis, sondern um sicherzustellen dass die Gesellschaft an ihn glaubte und die ‚Wahl‘ akzeptierte. Um das zu erreichen, errichtete Putin eine Fassade aus einer landesweiten Unterstützung, die aus Prominenten aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen bestand. Abdrazakov willigte ein, ein Teil dieser Fassade zu werden – und nicht auf der Opernbühne, sondern auf der politischen Ebene eine Rolle zu spielen. [...] Das erlaubte Putin den Anspruch, dass die russische Kultur, repräsentiert von ihren prominentesten Vertretern, ihn unterstützte.“

Werbesujet der Stiftung für Korruptionsbekämpfung für eine Petition gegen Auftritte von Ildar Abdrazakov in Italien

Pomazuev macht in dem Video außerdem deutlich, dass Abdrazakovs Parteinahme freiwillig war: „Die Loyalität gegenüber den Behörden gewährleistet einem Künstler großartige Möglichkeiten für seine kreative Arbeit. Letztendlich bleibt dies jedoch immer die eigene Entscheidung des Künstlers. Ildar Abdrazakov traf seine Entscheidung, als er bereits ein erfolgreicher Künstler mit Weltruf war. Es ist unmöglich zu behaupten, dass er dazu gezwungen wurde. Es handelte sich um eine freiwillige Entscheidung, die auf einer bevorzugten Behandlung durch die russischen Behörden beruhte.“

An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Alexei Nawalny im Westen zwar einen Heldenstatus genießt, von vielen Ukrainern aber wegen seiner vermeintlich anti-ukrainischen Haltung kritisch gesehen wird. Tatsache ist aber, dass Alexander Pomazuev in dem Video die Krim-Annexion und Putins Expansionsgelüste kritisiert – auch, indem er kritisch auf Abdrazakovs neue Funktion als Direktor des Opernhauses in Sevastopol auf der Krim (!) zu sprechen kommt, womit der Sänger seine Unterstützung für die russische Aggression aktiv zum Ausdruck bringe.

Abdrazakov sei ein perfektes Beispiel für ein Zusammenspiel aus Selbstinteresse und Heuchelei, so Pomazuev, der in dem Video vor insgesamt vier geplanten Auftritten von Abdrazakov in Verona zwischen dem 18. und 25. Januar warnt. Sie würden zur „Normalität des Kriegs“ beitragen wären und daher ein außenpolitischer Sieg des Kremls. 

Das Team Nawalny hat eine Petition gegen dieses Engagement aufgesetzt, die hier unterzeichnet und finanziell unterstützt werden kann: https://fbk.info/en/campaigns/abdrazakov 

 

Update vom 06.11.2025: Auf der Homepage der Arena di Verona wurde Ildar Abdrazakov aus der Besetzungsliste gestrichen, ein Ersatz scheint noch nicht festzustehen. Eine Antwort auf eine gestrige Statement-Anfrage steht derzeit noch aus und wird gegebenenfalls an dieser Stelle zu lesen sein. Der italienische Kulturminister Alessandro Giuli reagierte indes rasch mit einem Statement, das heute auf der Homepage des italienischen Kulturministeriums veröffentlicht wurde: 

„Ich begrüße die Entscheidung des Teatro Filarmonico in Verona, den Auftritt von Ildar Abdrazakov abzusagen. Dabei geht es nicht in erster Linie um eine Frage der Sicherheit, auch wenn diese sehr wichtig ist: Die russische Kunst und Kultur im Allgemeinen sind, wie andere auch, in Italien immer willkommen, wenn sie ein Mittel des Dialogs und der Befriedung zwischen den Völkern darstellen. Nicht jedoch, wenn sie zum Propagandainstrument einer despotischen Macht werden, die in der freien Welt keinen Platz haben kann und darf.“ (Übersetzt mit DeepL.com)

 

Zum Thema


Eine Bürde für den Anstand. Der russische Bass Ildar Abdrazakov gilt wegen seiner engen Verbindungen zur Kreml-Elite bei westlichen Intendanten seit letztem Jahr als heiße Kartoffel – außer am Teatro San Carlo in Neapel, das ihn erst gestern Abend aus seinen Besetzungslisten strich. - von: Stephan Burianek, 19.11.2024

Das ist doch nicht kriegshetzerisch! Die Internetseite Online-Merker veröffentlichte einen Kommentar zu einem unserer Artikel. Wir haben ihn satirisch weitergesponnen. - von: Martin Kienzl • 03.01.2024

Wem gehört die Zukunft? Ildar Abdrazakov ist nicht nur Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon, sondern auch diesmal wieder ein prominenter Unterstützer von Wladimir Putins „Wiederwahl“. - von: Stephan Burianek, 19.12.2023

Nun auch in München raus. Ildar Abdrazakov // Update // Knalleffekt an der Bayerischen Staatsoper: Der Ukrainer Alexander Tsymbalyuk ersetzt den russischen Bass bei den Opernfestspielen in Mussorgskis «Boris Godunow». - von: Stephan Burianek, 30.06.2023

Nun auch in München in der Kritik. Ildar Abdrazakov: Langsam nimmt in Europa die Diskussion um den russischen Bass mit den guten Kreml-Beziehungen Fahrt auf. - von: Stephan Burianek, 21.06.2023

Internationale Reaktionen auf OPERN∙NEWS. Unsere Kommentare und Recherchen zum Thema Ukraine bzw. Russland gingen global viral. Ein Überblick. - von: Stephan Burianek, 03.04.2023

Die Verlockungen von Macht und Geld. Ildar Abdrazakov: Nach unserem Artikel vom 22. Februar sieht der russische Starsänger in den USA und in Europa seine Felle davonschwimmen. In Russland ist er indes gut versorgt. - von: Stephan Burianek, 26.02.2023

Im Dienste des Bösen. Wer Anna Netrebko kritisiert, der muss erst recht den nicht minder gefeierten Bass Ildar Abdrazakov unter die Lupe nehmen. Für die Direktoren der führenden Opernhäuser in Europa ist es an der Zeit, endlich zu handeln. - von: Stephan Burianek, 22.02.2023